Disruption in der Automobilindustrie

Die Bedeutung von Projektmanagement in der Automobilindustrie

In einer Epoche, in der die Automobilindustrie ständigen Veränderungen ausgesetzt ist, wie beispielsweise technologischen Fortschritten, (geo)politischen Unsicherheiten oder der Notwendigkeit, den Lebenswert eines Fahrzeugs stets zu steigern, wird die Notwendigkeit, Projekte erfolgreich ins Ziel zu bringen, immer relevanter. Ein tieferer Einblick in das Buch „Projektmanagement in der Automobilindustrie“ von Prof. Dr. Reinhard Wagner (6. Auflage) beleuchtet, wie Unternehmen diesen Herausforderungen begegnen können.

Früher stand die Automobilindustrie symbolisch für Stabilität und Fortschritt, heute durchlebt sie eine einmalige Transformation. Innerhalb von wenigen Jahren sind stabile Geschäftsmodelle und Hersteller-Lieferanten-Beziehungen radikal auf den Kopf und grundsätzlich in Frage gestellt worden. Es gab nur wenige führende „Player“ aus den USA, aus Westeuropa und aus Japan. Doch das Bild hat sich verändert, vor allem mit dem schnellen Wachstum Chinas als Hauptabsatzmarkt für viele Automobilhersteller.

Die Verknappung in den Lieferketten, verursacht durch die COVID-19-Pandemie und das damit verbundene Fehlen von Halbleiterbauteilen1), hat viele Unternehmen dazu gezwungen, ihre Lieferbestände zu erhöhen, was wiederum den finanziellen Druck erhöht hat, Projekte effizient und kostengünstig zu planen und durchzuführen. In den letzten zehn Jahren haben sich zudem neue Protagonisten auf dem Automobilmarkt etabliert, wobei Tesla momentan die zentrale Rolle spielt. Interessanterweise positionieren sich die meisten dieser neuen Wettbewerber als „Electric Pure Plays“ 2), d.h. Unternehmen, die sich ausschließlich auf Elektroantriebstechnologien konzentrieren. Dies stellt eine radikale Veränderung des traditionellen Marktes dar und macht notwendig, in innovative Technologien zu investieren. Die hier beschriebenen Punkte sind nur die Spitze des Eisbergs, wenn es darum geht, die aktuellen Trends und Herausforderungen im Projektmanagement der Automobilindustrie zu verstehen.

Vom Überleben und Wachsen in der sich wandelnden Automobilwelt

Die Bestellung von 100.000 E-Autos von BYD3)  durch Sixt im Jahr 2022 war ein klares Signal des Marktwandels bzw. der Transformation der Automobilindustrie. Dieser Schritt war beispielslos für die Verlagerung der Machtzentren in der Automobilindustrie. Doch was bedeutet das für Unternehmen, die lange Zeit die Branche beherrscht haben und wie können sie sich im Angesicht dieser Veränderungen positionieren? Ein tieferer Einblick in das Buch „Projektmanagement in der Automobilindustrie“ von Prof. Dr. Reinhard Wagner (6. Auflage) beleuchtet dieses Thema in der Tiefe.

Die Automobilindustrie muss sich einem Paradigmenwechsel unterwerfen, in dem die Fähigkeit zur schnellen Anpassung und Reaktion unvermeidbar ist. Der Wettbewerbsdruck, verstärkt durch die Dynamik asiatischer Hersteller, stellt altbewährte Geschäftsmodelle in Frage und erfordert agile Entscheidungsfindung sowie Prozesse. Vitesco4), ein Zulieferer, beweist die Notwendigkeit radikaler Veränderungen durch seine Entscheidung, seine Belegschaft in Nürnberg massiv zu reduzieren, da traditionelle Komponenten wie Turbolader als nicht mehr zukunftsfähig angesehen wurden. In dieser sich schnell verändernden Branche wird außerdem das Management von Schlüsselprojekten immer wichtiger. Unternehmen müssen sich kontinuierlich fragen, welche Projekte auf ihre Strategie am besten einzahlen, welche als Schlüsselprojekte betrachtet werden und wie sie effektiv mit ihren Ressourcen umgehen, die zur Verfügung stehen. Die Gestaltung projektfokussierter Organisationen wird also zu einem Muss. Dies bedeutet, dass Unternehmen ihre Ressourcen und Anstrengungen auf Projekte konzentrieren müssen, die echten Mehrwert bieten. Das frühzeitige Erkennen und das ständige Kalibrieren von Markt-, Nachfrage- und Technologietrends wird für Führungskräfte zur Regel. Dabei geht es darum, primär und aktiv die Zukunft zu gestalten. Ein proaktiver Ansatz in der Planung und Umsetzung von Zukunftsprojekten wird deshalb entscheidend sein.

Agiles Projektmanagement in der modernen Automobilindustrie

In der aktuellen sechsten Auflage seines Buches „Projektmanagement in der Automobilindustrie“ wirft Prof. Dr. Reinhard Wagner ein fokussiertes Licht auf die radikalen Transformationen, die die Automobilbranche meistern muss. Dabei spielt das Projektmanagement eine sehr zentrale Rolle in der Bewältigung dieser disruptiven Zeiten. Eines der Schlüsselelemente, die Wagner in seiner neuesten Auflage betont, ist die Notwendigkeit agiler Methoden im Projektmanagement. In einer Ära, in der Elektromobilität, automatisierte Fahrsysteme und Connectivity die Branche neu definieren, müssen traditionelle Automobilunternehmen und ihre Zulieferer ihre Ansätze überdenken. Das traditionelle Wasserfall-Modell, das bisher in der Projektmanagement-Welt überwog, wird durch agile Methoden wie Sprints und variable Zielformulierungen ergänzt. Die Dynamik, die mit Fusionen und Kooperationen von Giganten wie PSA und Fiat Chrysler5)  verbunden ist, zeigt, dass der Wettbewerb in der Branche sich nicht mehr nur auf das Produkt selbst, sondern auch auf den Prozess dahinter verlagert hat. Hier kommt Wagners Expertise ins Spiel. Er beschreibt in seinem Buch, dass OEMs und Zulieferer nicht nur technologisch, sondern auch in ihrer Herangehensweise an Projektmanagement agil werden müssen. Ein weiterer kritischer Punkt, den Wagner anspricht, ist die wachsende Rolle der Software in der Automobilindustrie. Weg von der traditionellen Ansicht, bei der Software als sekundärer Aspekt von mechanischen Produkten betrachtet wurde, rückt sie jetzt stark in den Mittelpunkt. In Anbetracht der Werbung von Branchengiganten wie VW auf LinkedIn für Softwarepositionen, wird klar, wie wichtig Softwarekompetenz für die Zukunft der Branche ist. Doch trotz dieser technologischen Fortschritte und Veränderungen betont Wagner die finanziellen Herausforderungen, denen sich die Branche stellen muss. In einer Zeit steigender Rohstoffpreise und Inflation müssen sowohl Premiummarken als auch das Mittelsegment strategische Entscheidungen treffen, um am Ende rentabel zu bleiben.

Fazit

In einer Welt, in der die Automobilindustrie massiven Veränderungen gegenübersteht, hebt das Buch „Projektmanagement in der Automobilindustrie“ von Prof. Dr. Reinhard Wagner unter anderem in dem Kapitel Disruption in der Automobilindustrie die Rolle von agilem Projektmanagement hervor. Von der sich wandelnden Machtlandschaft bis hin zur dringenden Notwendigkeit einer Software-Kompetenz zeigt Wagner, wie sich traditionelle Hersteller und Zulieferer anpassen können und müssen. Der Übergang von stabilen Hersteller-Lieferanten-Beziehungen zu einer neuen Realität, in der Elektromobilität und Connectivity dominieren, erfordert eine agile, projektfokussierte Herangehensweise. Dabei sind viele Herausforderungen zu berücksichtigen. Wagner’s sechste Auflage bietet nicht nur einen tieferen Einblick in die Transformationen der Branche, sondern liefert auch praktische Ansätze, um in diesem Umfeld erfolgreich sein zu können. Ein Muss für jede und jeden, die oder der in der Automobilindustrie arbeitet und einen Leitfaden für die Zukunft sucht.

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Erläuterungen

1) Halbleiterbauteile finden sich in fast jedem elektronischen Gerät. Sie dienen als Schalter oder Verstärker in elektronischen Schaltungen und steuern und verarbeiten elektrische Signale. In den letzten Jahren hat eine weltweite Verknappung sehr stark die Industrie beeinträchtigt, leider ganz besonders die Automobilbranche.

2) Der Begriff „Electric Pure Plays“ bezieht sich auf Unternehmen, die sich hauptsächlich auf Produkte oder Dienstleistungen in der E-Mobilität konzentrieren. Die Bezeichnung „Pure Play“ bedeutet, dass das Geschäftsmodell eines Unternehmens auf einem spezifischen Marktsegment oder einer Produktkategorie beruht.

3) BYD ist ein chinesisches Unternehmen, das sich anfangs auf die Herstellung von wiederaufladbaren Batterien spezialisiert hatte. Es wurde 1995 gegründet und hat sich seitdem zu einem globalen Unternehmen entwickelt, das in den Bereichen Elektrofahrzeuge, erneuerbare Energiespeicherlösungen und Elektrobusse tätig ist.

4) Vitesco Technologies ist ein führender internationaler Entwickler und Hersteller von modernen Antriebstechnologien für nachhaltige Mobilität.

5) PSA war einer der größten Autoproduzenten und Mutterkonzern von Marken wie Peugeot, Citroën, DS, Opel und Vauxhall.

Fiat Chrysler Automobiles (FCA) war ein italienisch-amerikanischer Automobilhersteller und der Mutterkonzern von Fiat, Chrysler, Dodge, Ram, Jeep, Alfa Romeo, Lancia und Maserati.

Ende 2019 kommunizierten PSA und FCA ihre Absicht, sich zu einem Unternehmen namens Stellantis zusammenzuschließen. Diese Fusion erfolgte im Januar 2021 und führte zur Schaffung des viertgrößten Automobilherstellers der Welt Stellantis, um besser auf Marktbedingungen und technologische Herausforderungen in der Automobilindustrie zu reagieren, vor allem bezüglich Elektrifizierung, autonomes Fahren und Konnektivität.

Autorin: Birgit Weber, Geschäftsführerin Tiba Marketing GmbH

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