Seit über einem Jahr bestimmt die Corona-Pandemie den Arbeitsalltag unserer Tibaner*innen. Für den Trainingsbereich bedeutete das, größtenteils auf rein digitale Lernmethoden umzustellen und neue virtuelle Trainingskonzepte zu entwickeln. In diesem Interview erzählen unsere drei Tibaner*innen Jens Aßhauer, Susanne Thoms und Alexander Koschke, wie die Tiba Trainer-Community mit diesen Herausforderungen umgegangen ist, und geben Tipps, wie man eine solche Transformation in einem Unternehmen umsetzen kann.
Werfen wir einen Blick zurück: Inwieweit hat euch die Corona-Pandemie gerade am Anfang in eurer Arbeit beeinflusst?
Alex: Als der erste Lockdown kam, wurden zunächst alle Trainings abgesagt und es war völlig ungewiss, wann und ob es wieder losgehen kann. Daraus ergab sich für mich erst einmal die Frage, was nun aus dem Trainingsbereich wird. Machen wir in Zukunft nur noch virtuelle Konferenzen, in denen wir virtuell PowerPoint Slides präsentieren? Frontalbeschallung ist nicht meine Art des Trainierens. Daher hatte ich starke Vorbehalte.
Susanne: Für unsere Kunden ist die Welt auch nicht stehengeblieben. Ganz im Gegenteil: Die Projekte mussten weiterlaufen. Die Mitarbeiter*innen wurden zwar ins Home-Office geschickt, benötigten aber weiterhin Kompetenzen für ihr Projekt- oder Change Management – ganz besonders in dieser herausfordernden Situation. So fand ich es gerade zu Beginn der Pandemie schwierig, eine Balance zwischen gut durchdachten, qualitativ hochwertigen virtuellen Schulungskonzepten und schnellen Kundenlösungen zu finden.
Wie seid ihr mit diesen Herausforderungen umgegangen?
Jens: Wir haben zum Glück das Kompetenzcenter Digital Training, das in den letzten Jahren bereits sehr viel in virtuelle Lösungen und digitalisierte Flipcharts investiert hat. Wir hatten zwar noch keine große Auswahl an Kollaborationstools, aber das Vorwissen über virtuelle Trainingsmethoden war bereits vorhanden. Während eines Trainings bin ich dann durch Zufall auf das Kollaborationstool Miro gestoßen und war sofort begeistert, was virtuell alles möglich ist. Also haben wir uns als Team an die Arbeit gemacht und uns gemeinsam Stück für Stück in die Themen hineingearbeitet.
Susanne: Wir sind auch wirklich iterativ vorgegangen, ganz nach dem Motto: Wir können hier nur gewinnen. In der Trainer-Community kamen so viele Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Hintergründen zusammen: klassische Projektmanager, Agilisten, erfahrene und unerfahrene Tibaner*innen. Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, so komplett frei zu arbeiten. Die Offenheit, dass ich dieses oder jenes Tool gerade zum ersten Mal im Training anwende, kam auch bei unseren Kunden enorm gut an. Dafür bin ich sehr dankbar.
Alex: Vor allem der Teamspirit und der Zusammenhalt zwischen den Kollegen in dieser schweren Zeit hat mich nachhaltig beeindruckt. In dieser Ausprobierphase hat jeder verschiedene Themen und Ideen eingebracht, und jedes Mal haben wir neue Funktionen und Möglichkeiten entdeckt. Das war großes Kino für mich.
Welche Rolle hast du/habt ihr bei der Transformation des Trainingsbereiches eingenommen?
Alex: Für mich hast du, Jens, die Rolle des Inspirators eingenommen. Zu Beginn war ich wirklich frustriert darüber, nicht mehr beim Kunden vor Ort sein zu können. Aber mit deiner Passion und deinem Engagement, die Tibaner*innen über die Möglichkeiten unter anderem von Miro oder digitalen Flipcharts aufzuklären, hast du mich nachhaltig begeistert. Ich wollte durch dich auch Teil dieser Bewegung sein. Und du, Susanne, warst so mutig, einfach alles bei den Kunden auszuprobieren, auch wenn es noch nicht perfekt war. Dein Feedback und deine Erfahrungen haben uns überhaupt erst dorthin gebracht, wo wir jetzt sind. Denn ich hätte mich nicht getraut, diese ganzen neuen Tools direkt beim Kunden zu erproben. Dank Jens und Susanne habe ich dann meine Aufgabe entdeckt, aus all diesen Erfahrungen einen allgemeingültigen Standard für alle Tibaner*innen zu entwickeln.
Wie hat sich damit die Trainer-Community innerhalb der Tiba verändert?
Susanne: Einen so regelmäßigen Austausch gab es vor Corona unter den Trainer*innen der Tiba nicht. Mittlerweile sind wir zu einem echten, großen Team gewachsen, das in sehr engem Austausch steht. Obwohl ich viele der Trainer-Kollegen noch nie in persona getroffen habe – insbesondere die Freiberufler und die neuen Kollegen – habe ich das Gefühl, dass wir uns total gut kennen, weil wir so intensiv zusammenarbeiten.
Jens: Dem stimme ich absolut zu. Auch ein Jahr nach Beginn der Pandemie ist der intensive Austausch zu den anderen Trainern nicht abgebrochen. Man trifft sich durch die virtuellen Möglichkeiten viel öfter als zuvor. Und das erleichtert es auch für neue Trainerkollegen, Anschluss zu finden und sich in die Community zu integrieren.
Wie kommen die digitalen Trainingsformate beim Kunden an? Und wie schafft man es, digitale Lernformate vielfältig zu gestalten, um eine angenehme und lernförderliche Atmosphäre zu schaffen?
Susanne: Hierzu habe ich ein sehr aktuelles Beispiel: Wir haben einen Kunden, der sich nahezu ein ganzes Jahr gesträubt hat, die Trainings virtuell durchzuführen. Immer wieder mussten die Termine verschoben werden. Aufgrund der dritten Welle haben sie ihre Meinung nun geändert und das Training online durchführen lassen. Das Feedbackgespräch war dann trotz der anfänglichen Skepsis sehr positiv. Der Kunde war begeistert, wie gut man die unterschiedlichen Lerntypen virtuell abholen kann und wie vielfältig Kollaborationstools eingesetzt werden können. Denn wir geben in unseren virtuellen Trainings sehr viel Raum für Socializing und Austausch. Das ist übrigens auch ein Kniff, der uns von anderen abhebt. Während andere Anbieter sich stark auf die Inhalte konzentrieren, legen wir großen Wert auf Interaktivität, Netzwerken und nachhaltiges Lernen.
Jens: Ich glaube, unsere Stärke ist hierhingehend auch die virtuelle Raumgestaltung, die wir selbst entwickelt haben und die die Lernatmosphäre maßgeblich beeinflusst.
Alex: Eine große Hürde stellt oftmals auch die Dauer der virtuellen Trainings dar, da viele der Meinung sind, dass mehr als 3 Stunden Online-Training gar nicht konzentriert möglich sind. Meine Erfahrung zeigt jedoch, dass es einen großen Unterschied macht, ob man einfach PowerPoint Folien präsentiert oder die Teilnehmer*innen aktiv mitgestalten lässt. Denn Frontalbeschallung ist auch im Präsenzunterricht nach 30 Minuten anstrengend. Wenn unsere Teilnehmer*innen aber aktiv im Kollaborationstool mitwirken, wird das Ganze sehr kurzweilig und es bleibt auch viel mehr hängen.
Welche Lessons Learned hast du/habt ihr aus dieser Umstrukturierung der Trainingsformate mitgenommen? Welche Erkenntnisse habt ihr gewonnen? Gab es vielleicht auch mal weniger schöne, aber dafür lehrreiche Momente?
Jens: Für mich war es sehr eindrucksvoll, mitzuerleben, wie ein Unternehmen eine echte Transformation durchlebt. Ich habe erkannt, dass es Mut und Geduld braucht, um die Strukturen und Arbeitsweisen einer Organisation umzukrempeln. Es braucht Mut, etwas auszuprobieren, aus der Komfort-Zone zu gehen und die eigenen Ideen umzusetzen. Und auf der anderen Seite muss man Geduld haben und verstehen, dass nicht Jede/r neue Formate erproben und sofort mitarbeiten möchte. Die Arbeit in der Tiba zeigt aber auch, dass man immer wieder die Möglichkeit bekommt, in ein neues Themenfeld hineinwachsen zu können.
Susanne: Für mich war ein Key Learning, wie wichtig gute Technik und ein funktionierendes Internet sind. Das klingt vielleicht banal, aber dadurch, dass ich keinen Glasfaseranschluss habe, hatte ich zu Beginn oft Probleme, mich einzuwählen. Glücklicherweise wurde mir hier auch sehr schnell von Seiten der Tiba geholfen, sonst hätte ich mich notfalls bei Freunden einquartieren müssen.
Alex: In einem meiner virtuellen Trainings gab es mal Probleme mit Miro. Jens musste eine Case Study während der Morgenrunde komplett neu in einem Backup-Kollaborationstool (Conceptboard) aufbauen – was dann glücklicherweise auf die Sekunde fertig geworden ist. Ein großes Dankeschön hier nochmal an dich, Jens. Um solche Situationen zu meistern, braucht es ein echtes Team und kompetente Kollegen. Was wir im letzten Jahr gemeistert haben, zeigt für mich, wie das Arbeiten der Zukunft aussehen kann. Nämlich mit motivierten Mitarbeiter*innen, die freiwillig und mit dem Kunden gemeinsam neue und innovative Lösungen erarbeiten. Und das Kundenfeedback gibt uns Recht – wir haben aus dieser Pandemie-Situation wirklich etwas Großartiges entstehen lassen. Und dafür haben wir auch keinen Projektplan oder einen Projektleiter gebraucht. Denn wenn die Mitarbeiter wirklich etwas verändern wollen und mit Begeisterung – und vor allem gemeinsam – an etwas arbeiten, entstehen die Lösungen von ganz allein. Die Tiba hat 2020 eine neue Stufe gelebter Agilität erreicht. Darauf bin ich sehr stolz.