Wie das Management agiles Mindset fördern kann – Teil 3

Im zweiten Beitrag dieser Blogreihe wurde bereits beschrieben, was mit dem Unternehmen passiert, wenn die „7 Prinzipien für die Agilisierung des Projektmanagements“ nicht gelebt werden. In diesem Teil der Blogserie beleuchtet Alexander Koschke diese Effekte auf Kunden und Mitarbeiter und begründet, warum die Einführung agiler Methoden alleine nicht reicht.

Teil 3 – Welche Auswirkungen hat nichtgelebtes agiles Mindset auf Kunden und Mitarbeiter?

Es wird versucht, den Fluss zu „reanimieren“

Viele versuchen den Wertschöpfungsfluss, der normalerweise von allein fließt, zentral zu steuern. Die Werbung sagt den Kunden, was sie zu wollen haben und das Management sagt den Mitarbeitern intern, was sie zu tun haben. Das funktioniert eine Weile, aber man erzeugt damit immer frustriertere Kunden, die merken, dass die Produkte, die sie kaufen, nicht ihre wahren Bedürfnisse befriedigen. Intern führt das zu immer mehr frustrierten Mitarbeitern, die Dienst nach Vorschrift machen und nicht an das glauben, was sie tun und nur durch immer höhere Summen motiviert werden können. Zusammen mit der immer stärkeren Preissensibilität der Kunden macht das auf Dauer jedes Geschäftsmodell kaputt.

Viele Großkonzerne haben den Vorteil, durch immer mehr Automatisierung und Skalierung, immer mehr Mergers und immer größere Werbebudgets auch bei beeinträchtigter Wertschöpfung weiterhin scheinbar gute Umsätze und Gewinne zu erzielen. Aber das allein, ohne den Fluss wiederherzustellen, reicht auf lange Sicht nicht aus. Man merkt immer deutlicher, dass das kein gesundes Vorgehen ist. Man wächst zwar weiter wie ein Krebs, schadet dabei aber seinem Umfeld. So wachsen auch viele Firmen immer weiter, ohne zu merken, dass die originäre Wertschöpfung trotz Wachstum und Gewinn immer weniger wird und die Skaleneffekte und die Vorteile eines Großkonzerns dem Unternehmen zum Verhängnis werden und am Ende das eigene Geschäftsmodell zerstören.

Denn über die Dauer muss man die Kunden bei diesem zentral gesteuerten Fluss immer stärker manipulieren und die Mitarbeiter immer mehr zwingen. Im Extremfall werden dabei die Kunden regelrecht „instrumentalisiert“ (man drängt ihnen über Manipulation etwas auf, was sie eigentlich nicht wollen) und die Mitarbeiter „versklavt“ (man fordert Tätigkeiten von einer in einem Abhängigkeitsverhältnis stehenden Person, die sie eigentlich nicht tun will). Der Mensch (der Mitarbeiter genauso wie der Kunde) wird also benutzt zum Zweck der Gewinnmaximierung.

(Das Szenario klingt sehr extrem und nicht immer muss es sich so extrem anfühlen, dennoch ist es wichtig, das Bild vor Augen zu haben, um später zu verstehen, wie schwierig die Einführung von agilem Mindset in manchen Umfeldern sein kann.)

Ein toter Fluss hat Konsequenzen

Unter den oben beschriebenen Bedingungen ist es kein Wunder, warum die Mitarbeiter so unmotiviert sind. McGregor nannte diesen Zustand X-Mindset. Leute im X-Mindset sind scheinbar faul und unmotiviert und wollen nicht arbeiten. Manager müssen sie durch Incentives dazu bewegen. (Quelle: McGregor XY Theorie) Wenn man sich jedoch anschaut, was mit den Prinzipien und dem Fluss passiert ist, ist es komplett logisch, dass die Mitarbeiter im X-Mindset sind.

Nur jetzt kommt die Digitalisierung mit Problemen, die so komplex sind, dass sie mit Command & Control nicht nur schwierig, sondern unmöglich zu lösen sind. Um diese Probleme zu lösen, brauchen wir wieder Kunden, die ihre wahren Bedürfnisse zeigen. Wir brauchen Menschen, die ihre Fähigkeiten mit Passion einbringen und im echten Team neues Erschaffen. Kurz: Es bleibt uns in diesem Zustand nichts anderes mehr übrig als anzufangen den Fluss wieder zum Fließen zu bringen und den Menschen mit seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen wieder in das Zentrum unseres Handelns zu stellen – und das auch in Großkonzernen. Das ist für viele Unternehmen eine Mammut-Aufgabe. Denn selbst wenn wir erkannt haben, dass es so nicht weiter geht und dass wir agile Methoden brauchen und nun anfangen z.B. Scrum einzuführen; was wird passieren? Was passiert, wenn wir die verärgerten Mitarbeiter „frei lassen“, sich selbst zu organisieren? Was passiert, wenn wir die desillusionierten Kunden einladen, mit ihnen auf Augenhöhe in die gemeinsame Entwicklung zu gehen? Das wird echt schwierig! Vielleicht verstehen jetzt einige besser, warum die Einführung agiler Methoden in vielen Unternehmen eine langwierige Angelegenheit ist, die viel Vertrauensaufbau erfordert.

Im nächsten Beitrag erklärt Alexander Koschke, wie Supportive Manager den Fluss wieder zum Fließen bringen und agiles Mindset fördern können.

Blogserie

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Kurzbiografie:

Alexander Koschke ist seit Ende 2008 bei der Tiba Managementberatung und Teil des Think Tanks zum Thema PM 4.0. Als Berater und Trainer treibt er das Thema Agilität und neue Führung in Industrieunternehmen leidenschaftlich voran. Der Maschinenbau-Ingenieur (MBA) geht auch in seiner Freizeit der Frage nach: Wie wollen wir arbeiten? Die aktuelle Welle der Agilität, die immer mehr auch die Industrie erfasst, bietet da ein gutes Forschungsfeld. Durch die Kombination verschiedener agiler Projektmanagement-Ansätze und mit seinen ausgeprägten Führungs- und Softskills begeistert er immer mehr Kunden für dieses Thema.

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