Projektmanagement in der Automobilindustrie – Ein Leitbild für Effizienz und Innovation

In vielen Branchen ist das ein wichtiges Rückgrat, dabei steht die Automobilindustrie oft an vorderster Front dieser Entwicklung. Besonders in der aktuellen Welt, die sich ständig ändert, ist es spannend zu beobachten, wie sich Projektmanagement-Praktiken anpassen, um mit den Herausforderungen Schritt zu halten. In diesem Blog zeigen wir Ihnen, wie Projektmanagement in der Automobilindustrie praktiziert wird – denn dort kann man einiges lernen!

Die Automobilindustrie als Leitbild im Projektmanagement

Projekte und Projektmanagement spielen schon seit Jahrzehnten eine zentrale Rolle für die Unternehmen der Automobilindustrie. Andere Industrien sehen Automobilunternehmen sogar als Vorbild für die effiziente Bearbeitung von Projekten und übernehmen die dort praktizierten Vorgehensweisen und Techniken. Die Methoden und Techniken, die in der Automobilindustrie entwickelt wurden, sind vielfältig und komplex, was die Branche zu einem faszinierenden Fallbeispiel für Projektmanagement macht.

Schon vor dreißig Jahren prägte Christoph Midler (1995) bei Renault den Ausdruck „Projektifizierung“. Er meint damit, dass Projekte in Firmen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Diese Entwicklung beeinflusst nicht nur die Anzahl und Wichtigkeit der Projekte, sondern auch die Art und Weise, wie Projektmanagement durchgeführt wird, seine Rolle im Unternehmen und die Ausführung projektorientierter Aufgaben.

Projektmanagement in der Automobilindustrie: Von Standardansätzen zu maßgeschneiderten Lösungen

Mittlerweile kann man sagen, dass das Konzept „one size fits all“ im Projektmanagement überholt ist. Heutzutage benötigen Projektleiter:innen einen großen Koffer voller maßgeschneiderter Modelle, Methoden und Werkzeuge, um der Komplexität moderner Projekte und ihren unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden.

In der Automobilindustrie ist nahezu jede Aufgabe, die über die tägliche Routine hinausgeht, ein Projekt. Doch diese weite Definition kann verwirrend sein. Die deutsche Projekt- management-Norm DIN 69901-5 definiert ein Projekt als ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist.

Diese Definition wird universell verwendet. Doch die Erläuterung macht nicht klar, was in einem Unternehmen wirklich als Projekt gilt. Es lässt sich auch nicht ableiten, welche Arbeiten nicht als Projekte gezählt werden sollten.

Ein einfaches Beispiel: Wenn jemand nach einer Dienstreise eine Reisekostenabrechnung macht, hat das ein klares Ziel: Die Rückzahlung des eigenen Geldes. Diese Aufgabe hat eine eindeutige Frist, ein Budget und wird von der Person gemacht, die gereist ist. Sie wird in einem speziellen IT-System erledigt – ohne Risikoanalyse. Aber niemand würde diese Aufgabe so planen und überwachen wie ein Projekt. Der Aufwand und die Komplexität ist überschaubar und rechtfertigt kein Projektmanagement.

Klare Linien ziehen: Wie man Aufgaben und Projekte im Unternehmen unterscheidet

In jedem Unternehmen gibt es täglich viele Aufgaben und Projekte. Aber wann ist eine Arbeit eigentlich eine Aufgabe und wann wird sie zu einem Projekt? Diese Unterscheidung ist wichtig, weil sie bestimmt, wie wir sie planen und durchführen.

Zuerst sollten wir festlegen, was eine Aufgabe von einem Projekt unterscheidet. Anforderungen wie der Aufwand, die Komplexität, die involvierten Risiken und die Relevanz der Aufgabe für die Firma können uns dabei helfen. Eine normale Aufgabe kann oft mit einem einfachen Plan abgewickelt werden. Projekte hingegen sind meist komplizierter und brauchen einen detaillierteren Plan mit speziellen Methoden und Werkzeugen.

Der große Vorteil, wenn wir klar definieren, was Aufgaben und was Projekte sind, liegt darin, dass das Management ein optimiertes Kosten-Nutzen-Verhältnis hat. Es wird nur so viel Aufwand für das Management betrieben, wie unbedingt nötig. Das führt zu einer Verbesserung der Akzeptanz von Projektmanagement, denn es wird bei einfachen Aufgaben so wenig Aufwand wie möglich gefordert und Mitarbeitende werden entlastet.

Wie sieht das Projektmanagement in der Praxis aus?

In der Automobilindustrie variieren die Anforderungen an das Management je nach Projekttyp. Interne Projekte konzentrieren sich auf die Ausrichtung und Kapazitäten des Unternehmens, oftmals ohne externe Beteiligung. Externe Projekte dagegen sind markt- oder kundenorientiert und erfordern eine Zusammenarbeit mit externen Partnern. Da fast alles als Projekt betrachtet werden kann, ist die effektive Priorisierung dieser Projekte entscheidend.

Hierbei kann das Pareto-Prinzip, benannt nach Vilfredo Pareto (1848-1923), der es ursprünglich bei der Untersuchung der Landbesitzverteilung in Italien entdeckte, hilfreich sein. Es besagt, dass oft ein kleiner Teil (etwa 20%) der Projekte den größten Beitrag (etwa 80%) zum Unternehmenserfolg leistet. Diese Beobachtung, bekannt als die „80-20-Regel“, legt nahe, dass es effektiv sein kann, sich auf die 20% der Projekte zu konzentrieren, die den größten Wert beitragen.

Projekte können nach verschiedenen Kriterien kategorisiert werden, darunter strategische Bedeutung, Innovationsgrad und Risikodisposition. Hier eine Zusammenfassung der verschiedenen Projekttypen in der Automobilindustrie, die sich nach Inhalt und Merkmalen differenzieren:

  • Interne vs. externe Projekte: Interne Projekte wie strategische Zielumsetzung oder Organisationsveränderungen erfolgen meist ohne externe Beteiligung, während externe Projekte wie Produktentwicklungen mit Partnern realisiert werden.
  • Forschungs- und Innovationsprojekte: Diese beinhalten eine Grundlagenentwicklung oder die Anpassung von Geschäftsmodellen und Produkten, wobei Ziele und Ergebnisse oft unklar sind und ein adaptives Management erfordern.
  • Fahrzeug- bzw. Produktentwicklung: Das Kerngeschäft der Automobilindustrie, bei dem Fahrzeuge oder Komponenten nach einem definierten Prozess entwickelt und in Serie gebracht werden.
  • Investitions- bzw. Anlagen-/Bauprojekte: Betreffen Gebäude und Anlagen für die Produktion, oft im Kontext von Industrie 4.0 und Digitalisierung.
  • IT-Projekte: Umfassen eine Vielfalt von Projekten, einschließlich Hardware-Entwicklung und Software-Implementierungen, wie z.B. SAP S/4 HANA.
  • Organisationsentwicklungs- und Veränderungsprojekte: Fokus auf Anpassung organisatorischer Strukturen und Kulturen, oft unter Einbeziehung der Mitarbeitenden.
  • Optimierungsprojekte: Konzentrieren sich auf Prozessoptimierungen, oft im Rahmen von Lean-Initiativen oder Kosteneinsparungen.
  • Strategische Initiativen und Transformationsprojekte: Langfristig angelegte Projekte mit signifikanter Auswirkung (Transformationen), initiiert vom Top Management, wie Unternehmenszusammenschlüsse oder Digitalisierung von Geschäftsmodellen.

Fazit

In den Fünfzigern fing alles mit komplizierten Projekten in der Rüstungs- und Raumfahrtbranche an. Aber schon in den Sechzigern hat sich das Projektmanagement auch in der Autoindustrie breitgemacht. Früher wurde das Projektmanagement eher als eine Netzplantechnik auf Basis mathematischer Vorgehensmodelle gesehen. Heutzutage ist Projektmanagement viel mehr drauf ausgerichtet, Projekte ganzheitlich und zielorientiert zu steuern.

Doch um in der heutigen schnelllebigen Welt erfolgreich zu sein, muss das Projektmanagement flexibel, agil und anpassungsfähig sein – besonders in der Automobilindustrie. Das Buch „Projektmanagement in der Automobilindustrie“ von Prof. Dr. Reinhard Wagner (6. Auflage) bietet nicht nur Einblicke in den aktuellen Wandel der Automobilindustrie, sondern auch konkrete Handlungsempfehlungen für erfolgreiches Projektmanagement.

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Quellen

  • DIN e. V. (2023). DIN 69901-5 Projektmanagement – Projektmanagementsysteme – Teil 5: Begriffe. Unter https://www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/nqsz/veroeffentlichungen/wdc-beuth:din21:113428752 [abgerufen am 08.01.2024].
  • Midler, C. (1995). “Projectification” of the firm. The Renault case. Scandinavian Management Journal, 11, 363-375.
  • Dr. Wagner, R. & Erasmus, J. (2023). Projektmanagement in der Automobilindustrie: Effizientes Management von Fahrzeugprojekten entlang der Wertschöpfungskette. 6. Auflage, Springer Gabler.

Autorin: Vivien Dost, CRM Strategist & Marketing Consultant (Tiba Marketing GmbH)

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