Die Automobilindustrie erlebt eine signifikante Transformation im Projektmanagement, insbesondere durch die Einführung und Weiterentwicklung von Projektmanagement-Offices (PMOs). Oft wird das PMO als bloße administrative Einheit betrachtet, es hat sich jedoch mittlerweile zu einer zentralen Gestaltungskraft in Unternehmen entwickelt. In diesem Blogbeitrag zeigen wir Ihnen, welchen wachsenden Einfluss das Projektmanagement-Office in der Automobilindustrie hat und wodurch Unternehmen die Bedeutung und den Wert effektiven Projektmanagements neu bewerten und ihre Geschäftsprozesse entsprechend anpassen können.
Laut einer Studie der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. haben über 80% der befragten Unternehmen mindestens ein Projektmanagement-Office implementiert, wobei größere Firmen oft mehrere PMOs für verschiedene Projektportfolios oder Geschäftsbereiche einsetzen (Arndt et al. 2014). In der Praxis variiert die Funktion eines Projektmanagement-Office. Während sich zentrale PMOs auf die Erstellung und Pflege von Projektmanagement-Handbüchern sowie die Ausgestaltung von Regularien und Prozessen konzentrieren, beinhalten operative PMOs oft einen Projektleiterpool, Projektcontrolling-Dienstleistungen und Projektmanagement-Coaching. Die genaue Ausgestaltung hängt von den spezifischen Anforderungen des Unternehmens ab.
Optimierung der Projektlandschaft durch professionelle PMOs
Das Projektmanagement-Office ist ein wesentlicher Baustein in modernen Unternehmen, um Einheitlichkeit und Transparenz in der Projektlandschaft zu gewährleisten. Durch die Implementierung einheitlicher Projektmanagement-Standards schafft das PMO eine klare Übersicht über alle Projekte und trägt maßgeblich zur systematischen Weiterentwicklung des Projektmanagements bei. Diese kontinuierliche Verbesserung beeinflusst nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern erhöht auch den Reifegrad des Projektmanagements in der Organisation. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Förderung einer projektfreundlichen Unternehmenskultur, die das erfolgreiche Management von Projekten unterstützt.
Es ist wichtig zu wissen, dass in der Unternehmenswelt der Begriff PMO oft nicht eindeutig verwendet wird und verschiedene Bedeutungen haben kann. So kann PMO sowohl für ein Projektmanagement-Office als auch für ein Programmmanagement-Office stehen:
- Unter einem Projektmanagement-Office versteht man eine Organisationseinheit, die sich auf das funktionale Projektmanagement konzentriert. Diese Einheit kann das Multiprojekt- und Portfoliomanagement umfassen.
- Ein Programmmanagement-Office hingegen bezieht sich auf die Koordination innerhalb eines spezifischen Programms, indem es eine strukturierte Übersicht über alle zugehörigen Einzelprojekte bietet. Hierbei werden die grundlegenden Richtlinien und Standards des zentralen Projektmanagement-Offices speziell auf das jeweilige Programm angewendet.
Wie führende Automobilhersteller durch ein Projektmanagement-Office Innovationen vorantreiben
Führenden Automobilhersteller hilft das Konzept eines Projektmanagement-Office dazu, Innovationen voranzutreiben. Ein gutes Beispiel hierfür ist ein globaler Automobilhersteller, der unterschiedliche PMOs für diverse Geschäftsbereiche eingerichtet hat. Durch die Einführung einer Reihe von Projekt Management Offices gelingt es dem Unternehmen, unterschiedliche Projektarten effektiv zu steuern und zu optimieren.
Ein Schlüsselelement in diesem innovativen Ansatz ist das IT-PMO. Unter der Führung des Chief Information Officer (CIO) navigiert dieses Projektmanagement-Office durch die komplexe Landschaft der IT-Projekte und -programme. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie technologische Projekte mit Genauigkeit und strategischem Weitblick gemanagt werden.
Doch nicht nur die IT-Welt profitiert von diesem fortschrittlichen Ansatz. Auch im Herzen der Produktion des Unternehmens findet sich ein spezialisiertes PMO. Es spielt eine zentrale Rolle in der Unterstützung des Produktionsvorstands, indem es relevante Projekte und Programme koordiniert und entscheidende Daten für systematische Portfolioentscheidungen liefert.
Über diesen bereichsspezifischen PMOs steht das Corporate Projektmanagement-Office, eine Einheit, die direkt dem Gesamtvorstand untersteht. Dieses PMO ist das Rückgrat für die Governance, die Festlegung wesentlicher Standards – von Rollen über Verantwortlichkeiten bis hin zu Prozessen, Methoden und Software-Unterstützungen. Darüber hinaus sorgt es für eine nahtlose Abstimmung mit den anderen PMOs und spielt eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Personalstrategien, wie beispielsweise der Gestaltung der Projektmanagement-Karrierepfade, sowie bei Qualifizierungs- und Zertifizierungsangeboten.
Zusätzlich ist das Projektmanagement-Office in der Abstimmung mit wichtigen Stakeholdern, wie den Zentral- und Stabsbereichen sowie dem Konzernbetriebsrat. Durch seine zentrale Positionierung und strategische Ausrichtung ermöglicht das PMO eine effektive Steuerung des gesamten Projektportfolios, während es gleichzeitig die Komplexität im Gesamtsystem deutlich reduziert.
Zusammenfassend möchten wir Ihnen mit diesem Beispiel zeigen, dass der dargestellte Automobilhersteller durch strategisch platzierte PMOs nicht nur Projekteffizienz, sondern auch branchenführende Innovationen vorangetrieben hat – ein Beispiel für Unternehmen weltweit, die ihre Projektmanagement-Landschaft neu denken möchten.
Die Evolution des PMO: Vom Organisator zum Inhouse-Berater
Viele größere Unternehmen transformieren ihre PMOs zu Inhouse-Beratungszentren, die sich auf die Feinheiten des Projektmanagements spezialisieren. Diese internen Project Consultants sind nicht nur Unterstützer, sondern auch Vorreiter in der Professionalisierung des Projektmanagements.
In dieser neuen Welt des Projektmanagement-Office treten diese Berater:innen in unterschiedlichen, spezialisierten Rollen auf:
- Der Fachexperte: Diese Berater:innen bringen spezielle Fähigkeiten mit, die in kritischen Situationen, wie bei der Durchführung einer Projektrisiko-Analyse oder der Neugestaltung eines Terminplans, unerlässlich sind.
- Der „Projektpolizist“: Im Gegensatz zu einem Auditor, der auf Abweichungen fokussiert ist, konzentriert sich der Projektpolizist darauf, neutrale Einblicke in ein Projekt zu gewinnen, um Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren. Hierbei steht die Frage „Was benötigt das Projekt, um erfolgreich zu sein?“ im Mittelpunkt.
- Der Change Agent: Die Einführung neuer Projektmanagement-Prozesse, Methoden und Tools ist oft eine große Veränderung für Teams. Spezialisierte Berater:innen für Change Management helfen bei der Implementierung dieser Neuerungen und gestalten aktiv den Veränderungsprozess.
Es ist entscheidend, dass der Berater:innen dem Projekt oder Sponsor (Hauptverantwortlicher) beratend zu Seite stehen und nicht zu Co-Projektleiter:innen werden. Ein guter Richtwert ist, dass die Beratertätigkeit innerhalb eines Projekts oder Programms 30% der Arbeitszeit nicht überschreitet, um die Unabhängigkeit und Objektivität des Beraters zu wahren.
In einer Zeit großer Veränderungen in der Automobilindustrie (Elektromobilität, Konnektivität, …) verlagert sich der Fokus auf agile, projektzentrierte Ansätze. Das Projektmanagement-Office kann diese effektiv steuern und gewinnt damit immer mehr an Bedeutung. Das Buch „Projektmanagement in der Automobilindustrie“ von Prof. Dr. Reinhard Wagner (6. Auflage) bietet nicht nur Einblicke in die Transformationen der Automobilindustrie, sondern auch konkrete Handlungsempfehlungen für PMOs, um in diesem dynamischen Umfeld erfolgreich zu sein.
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Quellen
- Arndt C., Braun L., Ribeiro M., Rietiker S., von Schneyder W. & Scheurer S. (2014). Das PMO in der Praxis. Verbreitung – Akzeptanz – Erfolgsmessung. GPM, Nürnberg.
- Prof. Dr. Wagner, R. & Erasmus, J. (2023). Projektmanagement in der Automobilindustrie: Effizientes Management von Fahrzeugprojekten entlang der Wertschöpfungskette. 6. Auflage, Springer Gabler.
Autorin: Vivien Dost, CRM Strategist & Marketing Consultant (Tiba Marketing GmbH)