– Trendserie Teil 2 –
Machen Projektmanagement Zertifizierungen für Mitarbeiter und Unternehmen noch Sinn oder sind sie nur ein Kostenfaktor? Wie profitieren Kunden davon? Alexandra Dutour wägt für Sie das Pro und Kontra ab.
In ihrer Beitragsserie gehen unsere Zertifizierungsexperten auf die Neuerungen bei den Projektmanagement Standards und vor allem Fragen der praktischen Umsetzung ein:
Teil 1: Zertifizierungstrainings auf aktuellem Stand – Was ist tatsächlich neu und was bedeutet das für Projektmanager in der Praxis?
Teil 2: Sind Projektmanagement Zertifizierungen noch zeitgemäß? (dieser Artikel)
Teil 3: Die Prozesse im Fokus – die Neuerungen des PMBOK® Guide 6th Edition praktisch umgesetzt (Ausgabe 2.19)
In den letzten Jahren ist die Bedeutung von Projekten in und für Unternehmen signifikant gestiegen. Daraus ergibt sich als Konsequenz ein erhöhter Bedarf an Projektmitarbeitern, -managern und -leitern. Da es sich bei diesen Positionen jedoch nicht um geschützte Begriffe handelt, die zwingend eine entsprechende Ausbildung erfordern, haben sich auf dem Markt verschiedene Projektmanagement Zertifizierungen etabliert. Mittlerweile existieren allerdings eine derartige Vielzahl und Fülle an unterschiedlichen PM-Zertifizierungen, dass der Markt beinahe unüberschaubar geworden ist. Hieraus resultiert die Frage: Sind PM-Zertifizierungen überhaupt noch zeitgemäß und damit auch sinnvoll?
In einem ersten Schritt lässt sich sicherlich die unterschiedliche Wertigkeit von Zertifizierungen im PM-Bereich konstatieren. Aber genauso klar lassen sich auch die Global Player sowie die in Fachkreisen bekannten und hochwertigen Zertifikate identifizieren. Die Zertifizierungstrainings nach PMI, IPMA (GPM) und PRINCE2® – wie sie beispielsweise die Tiba anbietet – gehören hierbei zu den Anerkanntesten auf dem Markt.
Was kann gegen die Sinnhaftigkeit von Projektmanagement Zertifizierungen sprechen?
Zum einen muss klar sein, dass eine Zertifizierung allein kein Garant für den Erfolg eines Projekts ist. Ein Projektleiter verfügt aufgrund eines Zertifizierungstrainings über eine gewisse Methodenkompetenz, die er jedoch auch in die jeweilige Praxis überführen muss. Sie allein genommen stellt jedoch noch nicht das Gelingen eines Projekts sicher. Hierzu ist eine Vielzahl von Faktoren relevant.
Zum anderen sollte auch der Kosten-Nutzen-Aspekt Berücksichtigung finden. Eine Zertifizierung und das entsprechende Vorbereitungstraining dafür sind immer mit Kosten verbunden. Ob der Projektumfang diese rechtfertigt, muss im Einzelfall entschieden werden.
Für Kleinstprojekte, die beispielsweise nicht die Hauptaufgabe des Mitarbeiters darstellen, ist eine Zertifizierung nicht unbedingt erforderlich. Hier gilt es zu prüfen, ob die dafür benötigten persönlichen und finanziellen Ressourcen in einer angemessenen Relation zum Mehrwert stehen, der durch die Zertifizierung erzielt wird.
Welchen Einfluss auf die Weiterbildung hat die Arbeitsmarktentwicklung?
Was dafür spricht, dass Projektmangement-Zertifizierungen mehr denn je zeitgemäß sind, ist der demographische Wandel. Dieser wird zu einem Bevölkerungsrückgang und daraus resultierend zu einer Verstärkung des Fachkräftemangels führen. Gemäß aktueller Studien wird ein Bevölkerungsrückgang in Deutschland von 82 Millionen auf 69 Millionen im Jahr 2050 prognostiziert.
Folglich wird es auch weniger Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt geben. Die Studie besagt ebenfalls, dass bereits bis 2025 ca. 2,4 Mio. Akademiker auf dem Arbeitsmarkt fehlen werden. Bis 2030 werden zudem fast alle Tätigkeiten, die einen Hochschulabschluss erfordern, eine starke Übernachfrage erleben. Schon heute gilt ein Fachkräftemangel als größtes Risiko für Unternehmen.
Mitarbeiterbindung und Projekterfolge
Um diesem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, gestalten Firmen das Arbeitsumfeld möglichst attraktiv. Dies erfolgt unter anderem durch das Angebot von Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen, deren Nachfrage bereits einen signifikanten Anstieg erfahren hat. Denn genau diese Qualifizierungsmaßnahmen erhöhen die Loyalität und Zufriedenheit der Mitarbeiter. Der Mitarbeiter fühlt sich wertgeschätzt. Zudem haben die Weiterbildung und gerade die Zertifizierung einen positiven Einfluss auf die individuelle Entwicklung der Karriere und auf die Wahrnehmung sowohl innerhalb des Unternehmens als auch in Kundenprojekten. Dadurch erhöht sich die Identifikation mit dem Unternehmen, die Zufriedenheit und auch die Bereitschaft, entsprechende Verantwortung zu übernehmen und im Unternehmen zu verbleiben. Durch die Aus- und Weiterbildung inklusive der Zertifizierung wird die Mitarbeiterbindung also signifikant gesteigert, weshalb Unternehmen damit dem Arbeitskräftemangel gezielt entgegensteuern. Auch der Nachwuchs wird so gefördert, um sich frühzeitig weiterzuentwickeln und Projekterfolge zu erzielen.
Nutzen für den Mitarbeiter und das Unternehmen
Für den Mitarbeiter ist sicherlich nicht uninteressant, dass Zertifikate ebenfalls einen Einfluss auf die Gehaltsentwicklung haben. Laut Studien bekommen Personen mit einer Zertifizierung im PM-Bereich durchschnittlich ca. 20% mehr Gehalt als nicht-zertifizierte Projektmitarbeiter oder -leiter.
Dies hängt auch mit der Tatsache zusammen, dass eine Zertifizierung einen Überblick bzw. ein Signal über das vorhandene Wissen und Knowhow zum einen für den Mitarbeiter und zum anderen auch für das Unternehmen vermittelt. Ein Zertifikat gibt dem Mitarbeiter mehr Sicherheit im Umgang mit Projektmanagement Methoden und das notwendige Selbstvertrauen in seinen Projekten. Davon profitiert auch das Unternehmen. Sein Fachwissen und seine Expertise ist für andere von außen sichtbar und wurde z.B. im Fall von PMI, IPMA (GPM) und PRINCE2® durch eine unabhängige Prüfungsinstitution bestätigt. Dadurch gewinnt der Mitarbeiter auch in Kundenprojekten zusätzliche Akzeptanz – und das bei Zertifizierungen wie IPMA nicht nur auf nationaler, sondern sogar auf internationaler Ebene. Die Kompetenz des Einzelnen wird so über Ländergrenzen hinaus nachvollziehbar gemacht. Selbstverständlich kommt der Person die Zertifizierung auch im Bewerbungsprozess zu Gute.
Weiterhin spricht für die Sinnhaftigkeit von Zertifizierungen, dass eine Standardisierung des Wissens und damit eine Vereinheitlichung der Prozesse erfolgt. Die Mitarbeiter eignen sich ein gleiches Wording und Verständnis von Vorgängen an. Dies fördert gerade in interdisziplinären Teams die Zusammenarbeit sowie die Qualität der Projekte und führt zu Projekterfolgen im Team. Für eine gute Unternehmenspositionierung auf dem Markt ist dies unerlässlich.
Abbildung 1: Ausgewählte Entscheidungsfaktoren bei Projektmanagement Zertifizierungen
Fazit
Zertifizierungen sind auch in der heutigen Welt nicht mehr wegzudenken. Im Gegenteil, mehr denn je bringen sie eine Vielzahl von Vorteilen sowohl für den Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber, die auf keinen Fall zu vernachlässigen sind und die in enormem Maß zum Erfolg in Projekten beitragen. Die richtige und zeitgemäße Art und Weise, wie Mitarbeiter weiterentwickelt werden, ist der Schlüssel zum Erfolg. Zertifizierungen sind dabei ein wesentlicher Bestandteil der Strategie, ähnlich eines Schachspiels: Wann welcher Zug gemacht wird, will überlegt sein. Das gilt auch für die Lernmethoden, die aufeinander aufbauen und dem Lernverhalten des Mitarbeiters angepasst werden sollten. Themen wie Weiterbildung per Blended Learning bzw. eLearning inklusive der Zertifizierungsmöglichkeiten sind heutzutage in Unternehmen unumgänglich, auch um sich als attraktiver Arbeitergeber darstellen und auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter, wie z.B. flexible Arbeitszeiten, eingehen zu können.
Autor:
Alexandra Dutour Referentin Kompetenzcenter Zertifizierungstrainings, Tiba Managementberatung GmbH
Mail: redaktion(at)tiba.de
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