Gezieltes Lernen = kompetenzbasiert

Kompetenzbasiertes Lernen – Wenn Weiterbildung endlich passt

Foto eines Teams beim Inhouse Training

Kennen Sie das auch? Das Unternehmen, in dem Sie arbeiten, verändert sich oder durch eine Umstrukturierung werden neue Anforderungen an Ihr Profil gestellt. Sie sind angehalten, sich weiterzubilden, um den künftigen Anforderungen gerecht zu werden. Ihre HR-Abteilung bucht ein entsprechendes Training für Sie und Ihre Kollegen. Über eine Lernplattform sollen Sie sich selbstständig das notwendige Wissen aneignen und die entsprechenden Kompetenzen entwickeln. Schnell stellen Sie fest, dass einige Trainingsinhalte für Ihre konkrete Situation irrelevant sind. Auch auf der Lernplattform gestaltet sich die Suche nach den passenden Inhalten bei einem übermäßigen Angebot als schwierig. Ihre Motivation kühlt merklich ab. Die Lernangebote passen nicht optimal zu Ihren Bedürfnissen.

Auch für Unternehmen ist das eine ungünstige Situation: Wenn Mitarbeitende feststellen, dass die vermittelten (Lern-)Inhalte nicht zu ihrem tatsächlichen Bedarf passen, sinkt die (Lern-)Motivation. Die wirklich relevanten Fähigkeiten werden nicht entwickelt, das Gelernte bleibt ungenutzt und die (oft kostspielige) Weiterbildung verpufft wirkungslos.

Wie lassen sich also Lernangebote besser auf die Bedürfnisse der Lernenden anpassen? Eine Möglichkeit ist „kompetenzbasiertes Lernen“. Doch was genau bedeutet das? Im Folgenden wollen wir Ihnen einen Einblick geben, was kompetenzbasiertes Lernen ist und welche Vorteile damit verbunden sind.

Daniela Jacobs

Gleiches Lernen für alle? Das Gießkannenprinzip.

Die Dynamik der heutigen Arbeitswelt (Stichwort: VUCA) führt dazu, dass eine einmalige Qualifikation für einen Beruf, im Sinne einer Ausbildung oder eines Studiums, nicht mehr ausreicht. Die Anforderungen an Positionen und Rollen verändern sich, sodass berufliche und persönliche Weiterbildung notwendig ist, um sich an diese Veränderungen anzupassen und diese mitzugestalten.

Klassische Formen des Lernens wie Trainings oder digitale Lernplattformen können hierbei an ihre Grenzen geraten – aufgrund des sog. „Gießkannenprinzips“. Das Gießkannenprinzip beschreibt das Phänomen, dass allen Lernenden dieselben Lernangebote gemacht werden, die demnach nicht auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden abgestimmt sind. Stattdessen wird, wie bei einer Gießkanne, eine breite Fläche an Inhalten abgedeckt, statt ganz gezielt nur die Bereiche zu „wässern“, also zu schulen, die es wirklich braucht. So vermitteln tagelange Standard-Trainings oft nur Inhalte, die längst sitzen oder auf digitalen Lernplattformen wartet eine Flut an Angeboten, durch die sich Lernende mühsam kämpfen muss, um das wirklich Relevante zu finden.

Die Frage, die sich einem Lernenden stellt, ist: „Was genau brauche ich und wie finde ich es?“ Um diese Frage zu beantworten und die Suche abzunehmen, tritt kompetenzorientiertes Lernen in den Vordergrund. Durch kompetenzorientiertes Lernen kann jeder Lernende ein konkret auf seine Bedürfnisse abgestimmtes Lernprogramm erhalten.

Was sind eigentlich Kompetenzen?

Für den Begriff „Kompetenzen“ gibt es verschiedene Definitionen. Insbesondere im alltäglichen Sprachgebrauch werden Begriffe wie Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kompetenzen gemischt verwendet und nicht trennscharf abgegrenzt. Eine Möglichkeit der Definitionen soll im Folgenden gegeben werden:

  • Wissen umfasst die Gesamtheit aller Kenntnisse und Erfahrungen (Informationen, Fakten, Theorien und Daten) auf deren Grundlage eine Person ihre Entscheidungen trifft.
  • Fähigkeit bezeichnet die Voraussetzung, aufgrund derer eine Person eine Tätigkeit ausführen kann. Dies beinhaltet angeborene wie erlernte Aspekte beispielsweise im kognitiven, motorischen und sozialen Bereich.
  • Fertigkeiten sind durch Übung erlerntes Können wie Klavierspielen oder Programmieren.
  • Angelehnt an eine Definition der bekannten Kompetenzforscher Erpenbeck und Sauter (2013) ist Kompetenz die Fähigkeit, in komplexen, unüberschaubaren und dynamischen Situationen selbstorganisiert und kreativ zu handeln. Kompetenzen sind somit eine Kombination aus Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und weiteren Aspekten. Sie fokussieren sich stärker auf die Handlungsfähigkeit in der Praxis als klassische Qualifikationen.

Wer sich intensiver mit dem Konzept von Kompetenzen auseinandersetzt und es praktisch nutzen möchte, muss die zunächst grob formulierten Kompetenzen weiter differenzieren und konkretisieren. Zur Strukturierung gibt es verschiedene Modelle. Ihnen gemeinsam ist eine Unterteilung in Grundkompetenzen im sozialen und persönlichen Bereich sowie in Fachkompetenzen, welche teils durch Methoden- oder Funktionskompetenzen erweitert werden.

Unter Grundkompetenzen werden persönliche Fähigkeiten verstanden, die unabhängig von der konkreten beruflichen Tätigkeit erforderlich sind, um kreativ und selbstorganisiert zu handeln. Beispiele sind Teamfähigkeit, kommunikative Kompetenz, analytisches Denken, Reflexionskompetenz und Selbstmanagement.

In den Bereich der Fachkompetenzen fallen Kompetenzen, die spezifischer auf fachliche Tätigkeiten, Methoden oder Funktionen bezogen sind – sie sind notwendig, um (über)fachliche Aufgaben eigenverantwortlich zu lösen. Beispiele sind Vertriebskompetenz, digitale Kompetenz, Führungskompetenz und Problemlösungskompetenz.

Bereits bei diesen Beispielen wird deutlich, warum es sinnvoll ist, Kompetenzen in den Fokus zu stellen. Sie sind unabhängiger vom konkreten Beruf, werden in unterschiedlichsten Settings erworben und können flexibler an verschiedenen Stellen eingesetzt werden. Insbesondere in der heutigen dynamischen Arbeitswelt sind gut ausgebildete Kompetenzen deshalb ein hoch geschätztes Gut. Doch wie können Kompetenzen weiterentwickelt werden?

Wie funktioniert kompetenzbasiertes Lernen?

Basis des kompetenzorientierten Lernens ist ein Kompetenzprofil, das verschiedenste Grund- und Fachkompetenzen abbildet – entweder allgemein oder spezifisch auf ein Unternehmen konkretisiert. Dieses Kompetenzprofil wird in Teilkompetenzen detailliert ausgearbeitet. Hierbei ist es wichtig, dass Teilkompetenzen als beobachtbares Verhalten beschrieben werden. Nur so wird eine Kompetenz auch messbar, denn die Fähigkeit zum selbstorganisierten und kreativen Handeln zeigt sich im konkreten Verhalten. Die Handlung ist somit das Ziel einer Kompetenz, weshalb die Teilkompetenzen entsprechend ausgearbeitet und formuliert werden müssen.

Für ein besseres Verständnis möchten wir diese Differenzierung in Kompetenz, Teilkompetenzen und deren Formulierung beispielhaft an der Kompetenz „Stakeholder Management“ veranschaulichen:

Kompetenz = Stakeholder Management

Teilkompetenzen =

  • Stakeholder-Identifikation und -Analyse: Identifiziert relevante Stakeholder und analysiert deren Interessen sowie Einfluss auf das Projekt.
  • Stakeholder-Strategie: Entwickelt eine passende Stakeholder-Strategie sowie einen geeigneten Kommunikationsplan und aktualisiert diese kontinuierlich im Verlauf des Projekts.
  • Einbindung von Führungskräften: Bindet relevante Führungskräfte, Sponsoren und Management ein. Gewinnt deren Unterstützung und steuert deren Erwartungen erfolgreich.
  • Einbindung von Kunden und weiteren Stakeholdern: Bindet Kunden, Partner, Lieferanten und andere Stakeholder ein. Gewinnt deren Unterstützung und steuert deren Erwartungen erfolgreich.
  • Netzwerkpflege: Organisiert und pflegt relevante Netzwerke und Verbindungen.

Anhand des Kompetenzprofils und der Frage, welche Kompetenzen an der jeweiligen Stelle im Unternehmen heute und in den nächsten Jahren benötigt werden, werden für das gesamte Unternehmen, einzelne Abteilungen oder bestimmte Rollen Soll-Kompetenzen ermittelt.

Im zweiten Schritt wird der Ist-Zustand der vorhandenen Kompetenzen erhoben. Dies kann auf unterschiedliche Weisen erfolgen. Die Basis bildet zumeist eine Selbsteinschätzung jeder Person auf dem Kompetenzprofil. Zusätzlich kann diese durch eine Fremdeinschätzung beispielsweise des Vorgesetzten oder von Kollegen ergänzt werden. Hierdurch ergibt sich ein umfassendes Bild des Ist-Zustandes, das sogenannte 360°-Feedback.

Durch den Abgleich von Ist- und Soll-Kompetenzen im Unternehmen sowie bei einzelnen Mitarbeitenden wird deutlich, wo Entwicklungspotenziale liegen. Diese sollten anschließend gezielt mit Lerninhalten gefördert werden, die auf die jeweiligen (Teil-)Kompetenzen abgestimmt sind. Hierfür werden die Lerninhalte anhand einer Lernzieltaxonomie differenziert.

Die bekannte Lernzieltaxonomie nach Bloom (Krathwohl et al., 1987) beinhaltet folgende Stufen: Wissen, Verständnis, Anwendung, Analyse, Synthese und Beurteilung. Angewendet auf die Kompetenzentwicklung, beschäftigen sich Lernende auf den ersten beiden Stufen mit dem Wissenserwerb. Auf den mittleren Stufen werden die Teilkompetenzen praxisbezogen angewandt oder trainiert, um auf den höchsten beiden Stufen im selbstständigen Erfahrungslernen die Kompetenzen weiterzuentwickeln und in der Praxis umzusetzen.

Grafische Darstellung der Lernzieltaxonomie nach Bloom

Abb. 1: Lernzieltaxonomie nach Bloom (eigene Darstellung)

Anhand der individuellen Einstufung jedes Lernenden, erhält dieser einen für ihn und seine Kompetenzen individuell abgestimmten Lernpfad auf einer kompetenzbasierten Lernplattform. Statt Lernen nach dem Gießkannenprinzip findet individuell angepasstes, effektives und effizientes Lernen statt, das direkt auf die Kompetenzen einzahlt, welche der Lernende benötigt.

Je nach Kompetenzstufen kommen dabei im individuellen Lernpfad unterschiedliche Lernformate zum Einsatz: E-Learnings, Übungen anhand von Praxisbeispielen, aber auch spezifische Kompetenz-Trainings oder -Coachings. Die Kombination verschiedener Formate im Selbstlernen, aber auch im gemeinsamen, angeleiteten Lernen ermöglicht eine umfassende Kompetenzentwicklung.

Grafische Darstellung der Schritte im kompetenzbasierten Lernen

Abb. 2.: Schritte im kompetenzbasierten Lernen (eigene Darstellung)

Gezieltes Lernen ist kompetenzbasiert

Kompetenzbasiertes Lernen bietet eine zeitgemäße Antwort auf die Herausforderungen moderner Weiterbildungsmaßnahmen. Statt auf Standards und Einheitslösungen zu setzen, steht der individuelle Lernbedarf im Mittelpunkt – abgestimmt auf Rolle, Erfahrung und Zukunftsanforderungen. So entstehen Lernpfade, die nicht nur motivieren, sondern echte Wirkung entfalten: durch gezielte Entwicklung der Kompetenzen, die im Arbeitsalltag wirklich gebraucht werden.

Schon gewusst?

NovaSkill & Tiba: Gemeinsame Expertise für kompetenzbasiertes Lernen

NovaSkill ist eine Lernplattform, die genau diesen kompetenzbasierten Ansatz verfolgt. Durch unsere Kooperation bringen wir das Beste aus zwei Welten zusammen: NovaSkills Know-how im Bereich Lernen auf Kompetenzbasis trifft auf Tibas langjährige Erfahrung in Projektmanagement, Change, Transformation und Weiterbildung. Gemeinsam entwickeln wir zukünftig maßgeschneiderte Lösungen, die wirklich zu den Bedürfnissen Ihrer Mitarbeitenden passen. Neugierig geworden? Dann sprechen Sie uns gerne an!

Jetzt Kontakt aufnehmen

Literatur

Dombrowski, U., Wullbrandt, J. & Fochler, S. (2019). Kompetenzentwicklung in der digitalen Transformation: dezentrales und lebenslanges Lernen im Arbeitsprozess. In: Spath, D. & Spanner-Ulmer, B. (Hrsg.). Digitale Transformation – Gutes Arbeiten und Qualifizierung aktiv gestalten. S. 21-49, Schriftenreihe der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Arbeits- und Betriebsorganisation, GITO mbH Verlag, Berlin.

Erpenbeck, J. & Sauter, W. (2013). So werden wir lernen! Kompetenzentwicklung in einer Welt fühlender Computer, kluger Wollen und sinnsuchender Netze. Springer Gabler Verlag, Wiesbaden.

Heyse, V. & Erpenbeck, J. (2007). Kompetenzmanagement. Methoden, Vorgehen, KODE® und KODE®X im Praxistest. Waxmann Verlag, Münster.

Krathwohl, D. R., Bloom, B. S. & Masia, B. B. (1987). Taxonomie von Lernzielen im affektiven Bereich. 2. Auflage, Beltz Verlag, Weinheim und Basel.

Schirrmacher, U. (2023). Kompetenzorientierte Personalentwicklung – Wie Sie in 9 Schritten ein individuelles Lernprogramm erstellen. Springer Gabler Verlag, Wiesbaden.

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