Agile Transformation – Wie bringen Sie mehr Agilität in Ihr Unternehmen und was hat das mit Ihren Kunden zu tun?

Wer möchte schon erleben, dass die Kunden unzufrieden sind oder wie der Wettbewerb am eigenen Unternehmen vorbeirauscht? Oder wie plötzlich Konkurrenz aus einer unerwarteten Richtung die besten Kunden abgräbt?

Tiba Magazin – Ausgabe 2/2018

In Zeiten der Disruption durch Digitalisierung möchten auch unternehmerische Dickschiffe auf ihre Weise agil und wendig sein, wie eines dieser hochmotorisierten Schnellboote, die auch hochhausgroße Tanker bezwingen können. Markus Wanner erläutert, wie ein solcher Wandel gelingen kann – und in welchem Umfang er überhaupt sinnvoll ist.

Was tun, wenn die Welt nicht mehr plan- und steuerbar ist? Sich schneller wandeln können!

Es ist die Digitalisierung, die immer mehr Agilität von Unternehmen fordert. Und zwar nicht nur in der Softwareentwicklung, sondern auch in vielen anderen Bereichen von Unternehmen. Die Welt ist nicht mehr so plan- und steuerbar! Kundenwünsche sind unklar bzw. ändern sich ständig. Deshalb müssen Unternehmen lernen, mit Unsicherheiten umzugehen. Unsicherheit durch die Disruptionen, die die Digitalisierung ermöglicht. Denen heißt es zuvorzukommen. Unternehmen müssen reaktionsfähig sein und bleiben, sich ständig wandeln, um mit diesen disruptiven Tendenzen umzugehen.

Wie soll das gehen? Und wo im Unternehmen macht Agilität Sinn?

Viele sind sich der Notwendigkeit von Agilität bewusst. Das Thema treibt vor allem die innovationsorientierten Bereiche in den Unternehmen um, da wo Kundenanforderungen unklar sind und wo prozessgetriebene und effizienzorientierte Arbeit nicht mehr weiterführt. In anderen Bereichen behält die Effizienzorientierung jedoch weiterhin ihre Bedeutung. Dort ist eine komplette Umstellung auf agiles Arbeiten nicht sinnvoll. Agile Prinzipien wie Visualisierung – z.B. mit einem Kanban-Board –  oder regelmäßige Retrospektiven sind dagegen zielführend. Alles auf agil umzustellen, wie so manche „agilen Gurus“ fordern, ist völliger Unsinn.

Es geht um bedarfsspezifische, adaptive Gestaltung der unternehmerischen Herausforderungen. Agile Transformationen finden dabei auf den folgenden drei Ebenen statt: Projekte mit adaptivem Projektmanagement (PM 4.0), Programm / Portfolio mit der Herausforderung der agilen Skalierung sowie auf der Ebene des Unternehmens bzgl. der agilen Organisation.

Agile Transformation

Abb. 1: Agile Transformationen auf drei Ebenen

Die eigene agile Reise starten. Versuchen. Fehler machen. Neu versuchen, und zwar schnell.

Es gibt immer wieder kleine Warnzeichen, die Hinweise auf die Notwendigkeit eines Wandels hin zu mehr Agilität sind. Vielleicht werden Kundenerwartungen nicht immer erfüllt. Oder nicht in der gewünschten Zeit, weil die Projekte einfach aufgrund der vielen Change Requests zu lange dauern. Oder wenn der Blick nach außen zeigt, dass andere erfolgreicher sind. Spätestens dann ist es allerhöchste Zeit, eine Initiative zu starten, um agiler zu werden.

Eine agile Organisation ist jedoch nach unserer Erfahrung kein Selbstzweck und auch kein fixes Ziel, welches in einem bestimmten Zeitraum erreicht werden kann. Ein adaptives, schnell auf Veränderungen reagierendes, zukunftsfähiges Unternehmen ist dagegen eine mitreißende Vision, der sich die Unternehmen schrittweise, agil nähern sollten.

Unser Tipp: „Zünden Sie das Feuer zu Beginn immer von zwei Seiten an.“

  1. Die Vision formulieren: Wo möchte ich tatsächlich hin mit meinem Unternehmen? Hierbei ist zu beachten, dass dies immer seltener ein klarer Zielzustand sein wird, dessen Erreichen Sie Punkt für Punkt abhaken können. Hier geht es nicht darum, einen Fünfjahresplan zu machen, sondern erste Pilotprojekte in Angriff zu nehmen, wo Sie die Umsetzung Ihrer Ideen agil ausprobieren.
  2. Kurz analysieren / Standort bestimmen: Was hat sich im Umfeld geändert? Warum waren wir vor fünf Jahren erfolgreich? Und warum werden wir es nicht mehr bleiben, wenn wir uns nicht verändern? Wie haben sich die Kundenbedürfnisse entwickelt, was hat der Wettbewerb gemacht?

Abb. 2: Programm „Agile Transformation“ gestalten

Die Stärkung der eigenen Agilität ist eine Reise, die nicht von Anfang bis Ende geplant werden kann. Jeder sollte seinen eigenen Weg suchen, auf dem Weg Erfahrungen machen und sich weiterentwickeln. Dies ist genau das, was agiles Lernen ausmacht: Fail fast and learn. Und damit Impulse für den nächsten Schritt mitnehmen – zum Beispiel, die vorhandenen Leadership-Prinzipien oder Führungsprogramme auf den Prüfstand zu stellen.

Kundenbedürfnisse und Mitarbeiter müssen im Fokus stehen

Disruptoren haben Erfolg, weil sie ihr Geschäftsmodell konsequent auf Kundenbedürfnissen aufbauen. Und auf der Fähigkeit, schnell zu reagieren, wenn diese sich plötzlich ändern. Es gilt, den Bedarf des Kunden kontinuierlich zu erfassen und sich in kleinen Schritten an eine Lösung heranzutasten, stets in enger Abstimmung mit dem Kunden, in einem kontinuierlichen Feedback-Loop.

Wenn Unternehmen diese Denke erfolgreich auf eigene komplexe Projekte übertragen wollen, spielt der Faktor Mensch eine wichtige Rolle. Es muss die ganze Kreativität jedes einzelnen Mitarbeiters genutzt werden, und Teams müssen sich selbst organisieren können. Denn lineare Zeitpläne sind nicht einzuhalten, wenn sich die Kundenanforderungen ständig ändern.

Die neue Rolle der Führung heißt: „Sense & Response“ statt „Command & Control“

Dies wiederum erfordert eine andere Führungskultur als das traditionelle „Command & Control“. Die Führungskraft von morgen hat vor allem die Aufgabe, Sinn zu liefern und Unterstützung zu geben, die Mitarbeiter mitzunehmen und mitgestalten zu lassen. Ohne dies, sind diese auch gar nicht mehr bereit, etwas zu tun, dessen Sinn sie nicht verstehen!

Führung bedeutet daher vor allem die Förderung der Mitarbeiter zu mehr Eigenverantwortung und Selbstorganisation. Diese Rolle bedeutet: Führungskräfte müssen loslassen können. Dies ist dann richtig schwierig, wenn man vorher eine Sandwichposition hatte und nur Informationen verdichtet von unten nach oben und umgekehrt weitergegeben hat. Wenn der Kundennutzen und -mehrwert im Fokus steht, schafft z.B. ein Meeting, das der Chef einberuft, nur damit er besser informiert ist, im Sinne des Kunden null Mehrwert.

Es geht eben darum, die gesamte Organisation auf diesen Kundennutzen auszurichten und mit der Mitarbeiterorientierung diese Selbstorganisation zu etablieren. Wenn das erreicht wird, wird eine neue Form der Führung gelebt. Die Unternehmen müssen offen sein für eine völlig neue Form der Zusammenarbeit. Diese Arbeit sollte sinn- und wirkungsvoller sein. Und die Führungskraft hat dabei eine andere Rolle, sie unterstützt das Team bei der Wertschöpfung im Sinne des Supportive Leadership. Diese neue Art von Führung ist ein zwingendes Element der agilen Organisation.

So schaffen Sie die Grundlagen für ein neues, agiles Mindset

Es wird zwar häufig noch nicht praktiziert, aber die meisten Unternehmen wissen inzwischen: Digitalisierung ist mehr als Technologie, Prozesse oder Datenhandling. Es geht um den zentralen Faktor Mensch. Es braucht das passende Leadership und die passende Kultur dafür. Die Frage ist, wie entsteht in einer agilen Organisationsentwicklung ein neues Mindset?

Agiles MindsetAbb. 3: Agiles Mindset/ Agile Kultur

Das agile Mindset ist die Basis und damit der entscheidende Erfolgsfaktor bei agilen Transformationen.  Ganz zu Beginn gilt es das gemeinsame Verständnis bezüglich Agilität zu schaffen. Zum agilen Kulturwandel zählen die Implementierung von agilen Werten und Prinzipien die insbesondere auf eine Mindset-Änderung (Change) abzielen.

Darauf aufbauend erfolgt die adaptive Anwendung von Prozessen, Methoden aus dem agilen (Scrum, Kanban, Design Thinking) und „klassischem“ Projektmanagement sowie Nutzung von Tools, die sich im agilen Kontext bewährt haben.

Ein weiteres Element bei der agilen Transformation ist die Organisationsgestaltung als Rahmen um neues, agiles Arbeiten zu ermöglichen und um gleichzeitig Effizienz beizubehalten. Ein Beispiel hierfür ist die Einführung eines „dualen Betriebssystems“ (Dual Operations nach Kotter).

Agile TransformationAbb. 4: Elemente der agilen Transformation

Und zuletzt noch ein Tipp, der auch in komplexen Strukturen einfach umzusetzen ist:

Jeder einzelne aus Ihrem Unternehmen kann jederzeit zur agilen Veränderung beitragen.

Autor: Markus F. Wanner,  Berater, Partner, Beauftragter der Geschäftsführung, Tiba Managementberatung GmbH
Email: redaktion(at)tiba.de

 

Die Tiba hat für agile Transformationen sieben Prinzipien definiert (u.a. Kundennutzen, Freiwilligkeit, Echtes Team). Diese gelten auf den drei aufgeführten Ebenen

  • Projekt: PM 4.0
  • Programm / Portfolio: Agile Skalierung
  • Unternehmen: Agile Organisation

Diese Prinzipien kann jeder zum Leben erwecken, indem er beispielsweise selber aktiv wird, Eigenverantwortung übernimmt und sich z.B. freiwillig für Pilotprojekte meldet. Lesen Sie dazu das Whitepaper „Wie wirkt sich der Trend ‚Agilität‘ auf das Projektmanagement aus?“

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Lesetipps – weitere Fachbeiträge und Praxisbeispiele im Tiba Magazin online:

 

Autor:in

Portrait Autor

Markus F. Wanner

Partner, Beauftragter der Geschäftsführung, Berater und Trainer,
Tiba Managementberatung GmbH

Email: redaktion(at)tiba.de

Markus F. Wanner ist seit 22 Jahren für die Tiba Managementberatung tätig und seit über 30 Jahren als Berater, Projektleiter, Trainer, Coach und Change Begleiter/ Moderator aktiv. Aktuell stehen die Themen Transformationsgestaltung mit agiler und digitaler Transformation auf seiner Agenda. Der gelernte Industriekaufmann und Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH) ist PMP® – Project Management Professional (PMI®), zertifizierter Senior Projektmanager (IPMA®), Certified Scrum Product Owner®, Certified SAFe® 4 Agilist und Certified Prosci® Change Practitioner sowie Prosci® Certified Advanced Instructor und Certified Agile Leadership. Als Partner und Beauftragter der Geschäftsführung hat er die Beratungsleistungen der Tiba rund um die Kernkompetenz Projektmanagement mit komplementären Leistungen zu Prozess- und Change Management weiter ausgebaut. Als Beratungsleiter verantwortet er große, komplexe Beratungsprojekte. Aus seiner Erfahrung in der Strategieberatung stammt sein Fokus auf den Kundenbedarf und auf die Implementierung von Ergebnissen.