Wie die Theorie U nach Scharmer Unternehmen durch den Wandel führt

Die Theorie U (Theory U) wurde von Otto Scharmer am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt und ist ein Modell für die Führung von tiefgreifendem Wandel. Bei diesem Ansatz wird davon ausgegangen, dass der Erfolg von Wandel besonders von der inneren Haltung und Zukunftsorientierung der Betroffenen abhängt. Die Theorie U fördert Empathie, tiefe persönliche Reflexion und die kollektive Gestaltung des Wandels. Außerdem legt das Modell großen Wert auf das Loslassen von alten Denkmustern, um Raum für innovative Lösungen zu schaffen. Die Theorie U wird oft als eine u-förmige Kurve mit sieben Phasen dargestellt, die sinnbildlich für einen Prozess des tiefen Lernens und der Transformation steht.

Grafik - Theorie U nach Scharmer

Abb. 1: Theorie U nach Scharmer (eigene Darstellung)

1. Downloading (Herunterladen)

Die erste Phase der Theorie U umfasst den Beginn im „normalen“ Denk- und Handlungsmuster. Betroffene greifen auf gewohnte Muster und bestehendes Wissen der Vergangenheit zurück. Vorherrschende Annahmen und Sichtweisen werden wiederholt. Offenheit gegenüber neuen Ansätzen besteht nicht.

2. Sensing (Vertiefen)

Beim Vertiefen wird die aktuelle Realität hinterfragt und erkundigt. Offenheit für neue Informationen und Perspektiven kommen auf. Um die tiefere Situation zu verstehen, muss man aktiv zuhören und Empathie zeigen.

3. Presencing (Präsentsein)

Hierbei geht es darum, alte Muster und Vorurteile loszulassen. In dieser Phase geht es auch darum, sich für neue Sichtweisen und Möglichkeiten zu öffnen, während man den Fokus auf das Wesentliche legt und Chancen erkennt. Dieser Schritt ermöglicht es, den Boden für frische Ideen zu bereiten.

4. Realizing (Realisieren)

In der vierten Phase der Theorie U werden die frischen Ideen konkretisiert. Neue Visionen und Ansätze werden entwickelt und in die Tat umgesetzt. Die Verbindung von Kopf, Herz und Hand ist entscheidend, um neue Lösungen zu schaffen. Hier geht es auch darum, mit neuen Ansätzen zu experimentieren und mutig neue Wege zu gehen.

5. Co-Creating (Kristallisieren)

Beim „Co-Creating“ wird die Zusammenarbeit mit anderen gefördert, um kreative Lösungen zu entwickeln. Gemeinsam gestalten die Beteiligten die Zukunft und bauen sowohl Konsens als auch Engagement auf. Dieser Schritt stärkt die Ideen und bringt sie weiter voran.

6. Prototyping (Verankern)

In der Phase des Prototyping werden die gefundenen Ideen und Ansätze in die Praxis umgesetzt. Prototypen werden erstellt, getestet und aus der praktischen Umsetzung wird gelernt. Lösungen werden angepasst und die besten Ansätze werden identifiziert und gefestigt.

7. Performing (Handeln)

Schließlich werden in der letzten Phase der Theorie U die neuen Ansätze zur Norm. Sie werden in das Unternehmen integriert und es findet eine kontinuierliche Verbesserung und Anpassung statt. Dieser Schritt sorgt dafür, dass Innovation nicht nur eine vorübergehende Erscheinung ist, sondern zu einem festen Bestandteil der Arbeitsweise und Unternehmenskultur wird.

Insgesamt bilden diese sieben Phasen der Theorie U einen Innovationsprozess, der es ermöglicht, Ideen in die Realität umzusetzen und kontinuierlich zu verbessern. Dieser Prozess fördert die Schaffung neuer, innovativer Lösungen und trägt zur langfristigen Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens bei.

Die Stärken der Theorie U durch die Expertise von Berater:innen nutzen

Ein wesentlicher Aspekt der Theorie U ist die Bedeutung des tiefen Zuhörens und der Empathie, wodurch tiefe, persönliche Reflexion und eine Bewusstseinsveränderung gefördert werden. Hier können Berater:innen Unternehmen dabei unterstützen, tiefer in die Ursachen von Problemen einzutauchen und neue Perspektiven zu entwickeln, die zu innovativen Lösungen zu führen.

Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist die Integration von intellektuellem Denken, emotionalem Verständnis und praktischem Handeln. Berater:innen können die Entwicklung dieser „Kopf-Herz-Hand“-Verbindung in Unternehmen fördern, um ganzheitliche Veränderungen zu erreichen.

Partizipative Gestaltung ist ein weiteres zentrales Element in der Theorie U nach Scharmer. Die Methode betont die Notwendigkeit, Lösungen gemeinsam zu gestalten. Berater:innen können Gruppenprozesse anleiten, um Ideen und Visionen in kollaborativer Weise zu entwickeln und zu verfeinern.

Die Theorie U ermutigt auch zur Offenheit für Ungewissheit und Komplexität, sowie zur Betrachtung dieser Unsicherheit als Möglichkeit für Wachstum und Innovation. Hierbei können Berater:innen Mitarbeitenden helfen, sich auf unklare Situationen einzulassen und dennoch effektiven Wandel anzustreben.

Ein weiteres wichtiges Prinzip innerhalb der Theorie U ist das experimentelle Lernen. Die Methode ermutigt dazu, neue Ansätze durch Prototypen und Experimente zu testen und stetig zu optimieren. Auch hier können Berater:innen Unternehmen dabei unterstützen, eine Kultur des experimentellen Lernens zu entwickeln, in der Fehler als Gelegenheiten zum Lernen betrachtet werden.

Auf die Entwicklung von Leadership Skills wird ebenfalls großer Wert gelegt. Die Theorie U fördert die Entwicklung von Führungskompetenzen auf individueller und kollektiver Ebene. Berater:innen können dazu beitragen, die Fähigkeiten von Führungskräften speziell um die Leitung von Veränderungen zu erweitern.

Zuletzt betont das Modell von Scharmer die Schaffung nachhaltigen Wandels, der langfristig im Unternehmen verankert ist. Durch ihre Expertise und Erfahrung finden Berater:innen gemeinsam mit Unternehmen Wege, wie die Veränderungen Teil der Unternehmens-DNA werden können.

Ein komplexer und zeitintensiver Ansatz

Die Theorie U ist eine innovative Methode zur Förderung von Wandel und Innovation in Unternehme. Dennoch folgt sie auch einem sehr anspruchsvoller Ansatz, mit dem viele Unternehmen und Mitarbeiter:innen, die keine Erfahrung im Change Management haben, überfordert sind. Grade die tiefgreifende Reflexion erfordert Zeit und Offenheit, die möglicherweise nicht immer vorhanden ist.

Darüber hinaus ist der verfolgte Ansatz weniger linear und strukturiert als andere Modelle im Change Management und damit ohne eine klare Anleitung, beispielsweise durch Berater:innen, nur schwer anwendbar.

Die Theorie U ist ein nützliches Werkzeug für die Umsetzung von Wandel in Unternehmen, das vor allem Zusammenarbeit und das Finden kreativer Lösungen fördert. Seine Komplexität und Zeitintensität macht das Modell ohne erfahrende Expert:innen jedoch schwer anwendbar.

 

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