Projekte in Schwierigkeiten – vom Feuerlöschen zur Resilienz

Derzeit häufen sich die Krisenmeldungen, sei es in Bezug auf den Klimawandel und seine Folgen oder das Coronavirus. Auswirkungen sind häufig sehr persönlich spürbar und hinterlassen auch deutliche Spuren bei bestimmten Industrien, Organisationen und Projekten.

Es liegt in der Natur der Krise, dass wir Menschen zuerst einmal verunsichert sind, emotional reagieren und reflexartige Handlungsmuster zu Tage treten. Eines dieser Muster kann Verdrängung sein. Damit kann es passieren, dass die Reaktion auf ein Ereignis zu spät erfolgt und sich die Katastrophe voll entfaltet. Dies ist z.B. gerade in Bezug auf den Klimawandel zu beobachten. Das liegt vermutlich daran, dass dieser Wandel nur unbewusst und nur allmählich abläuft. Irgendwann ist aber der Handlungsspielraum so eingeschränkt, dass nur noch mit radikalen Maßnahmen reagiert werden kann. Ein anderes Muster ist die übertriebene Reaktion aufgrund von Berichten, Erzählungen anderer Personen, der Medien oder fehlendem Einschätzungsvermögen in Bezug auf die tatsächliche Bedrohung. So sind z.B. die Folgen einer Grippewelle weitaus gravierender als das Corona-Virus, aber die Ungewissheit und das fehlende Wissen zu den Ursachen und Folgen führen zu einer Überreaktion. Wir wollen uns hier aber nicht mit menschlichen Reaktionsmustern beschäftigen, sondern vor allem damit, wie Unternehmen, Führungskräfte und vor allem die Verantwortlichen auf Projekte in Schwierigkeiten reagieren können (sollten).

Was wir in der Praxis der Projektabwicklung leider allzu häufig erleben ist eines der o.a. Handlungsmuster. So werden Anzeichen der Schieflage in Projekten ignoriert, Maßnahmen hinausgezögert, da man glaubt, „wir schaffen das schon noch“ oder der Abbruch einen Gesichtsverlust darstellt. Mit einem Projekt kann jedoch ein ganzes Unternehmen in die Krise geraten oder sogar die Existenz vieler Mitarbeiter auf dem Spiel stehen. Das Top Management reagiert dann häufig umso heftiger, übertrieben auf die Projektkrise, um nach außen Handlungsfähigkeit und Kompetenz zu demonstrieren, richtet dabei aber mehr Schaden als Nutzen an. Dies bezeichnen wir als „Feuerlöschen“ oder genau das Gegenteil von dem, was zum Erfolg führt.

Welche Ansatzpunkte gibt es nun für Projekte? Zuerst natürlich die Prävention, also einerseits sich Gedanken über das zu machen, was möglicherweise negative Auswirkungen auf das Projekt haben könnte. Dazu zählt die Risikoanalyse, die Bewertung der Unsicherheit, also der „Unknown unknowns“ oder die Anwendung einer Sensitivitätsanalyse, um Dynamik vorhersagen zu können. Das alles ersetzt aber nicht die Fähigkeit der Projektmanager, auf Basis von schwachen Signalen Entwicklungen zu identifizieren, die negative Auswirkungen auf das Projekt haben können, z.B. Stimmungen im Team, beim Kunden oder kleine Signale der Unzufriedenheit beim Auftraggeber. Diese nicht zu ignorieren, konkret anzusprechen und mit ihren Auswirkungen auf das Projekt zu bewerten ist eine Fähigkeit, die leider allzu oft verloren gegangen ist.

Selbstverständlich ist es hilfreich, so früh wie möglich auf negative Entwicklungen in Projekten zu reagieren, bevor diese in eine Krise geraten. Hier gilt es insbesondere offen für eine realistische Bewertung zu sein und nicht eigene Motive vorne an zu stellen. Insofern bietet sich ein moderierter Teamprozess an, um alternative Lösungen im Umgang mit der Krise auf Basis praktischer Erkenntnisse des Teams zu erarbeiten. Ein externer Moderator kann diesen Teamprozess aus neutraler Sicht begleiten. Häufig ist es sinnvoll eine „taskforce“ einzusetzen, bevor die Probleme weiter eskalieren. Allerdings ist es ein Fehler, den Projektleiter im Fall eines Krisenprojektes aus der Verantwortung zu nehmen, da so die gesamte Erfahrung über den Projektverlauf verloren geht. Hier erscheint es uns sinnvoller, dem Projektleiter und -team einen erfahrenen Krisenmanager an die Seite zu stellen, der über entsprechende Kompetenzen und das nötige Vertrauen des Topmanagements verfügt. Auch ein Abbruch von Projekten sollte keine Ausnahme, sondern eine akzeptable Lösung sein. Vorab definierte Kriterien, wie weit die Projektziele von den Erwartungen des Kunden oder Auftraggebers abweichen dürfen, machen die Entscheidung transparenter.

Die zunehmende Häufung von Ereignissen mit negativen Auswirkungen auf die Konjunktur, Unternehmen und Projekte macht eine Strategie zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit unumgänglich. Kapstadt erlebte beispielsweise zwischen 2015 und 2017 eine extreme Trockenheit. Der Stadt drohte das Wasser auszugehen. Mit Hilfe eines geschickten Krisenmanagements und eines entsprechenden Programms konnte die Krise überwunden werden. Die Stadt nahm diese Krise zum Anlass eine Strategie für die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit zu beschließen. In dem Dokument wird Resilienz definiert als „die Fähigkeit von Individuen, Gemeinschaften, Institutionen, Unternehmen und Systemen in einer Stadt, zu überleben, sich anzupassen und zu gedeihen, unabhängig davon, welche Art von chronischem Stress und akuten Schocks sie erleben“.

Mit einer Resilienzstrategie wird die gesamte Aufmerksamkeit des Managements auf bestimmte Handlungsfelder gerichtet und das Portfolio von Projekten und Maßnahmen priorisiert. Dies ist angesichts knapper Ressourcen besonders bedeutsam. Die proaktive Bewältigung der Herausforderungen und der gezielte Ressourceneinsatz für Initiativen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit werden letztlich zu einem konkreten Nutzen führen. Dies kann als „Widerstandsfähigkeitsdividende“ bezeichnet werden. Hier gilt es anzusetzen, dann wird aus einer Krise tatsächlich eine Chance.

Autoren: Reinhard Wagner, Geschäftsführer Tiba Managementberatung, & Andreas Doba, IPMA

 

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