Neue Planungsparadigmen im Change | Ein Bericht von Dr. Wagenhals und Dr. Kühn

Unser Beitrag „Anlässe, Ansätze und Anwendungen“ im Change Management Workbook beschreibt eine wichtige Hypothese, die die klassischen Ansätze von Change Projekten bzw. Prozessen als nicht mehr zeitgemäß charakterisiert: Change Management wird auch weiterhin Aspekte wie Planung, Steuerung, Kommunikation und die Mitwirkung der Menschen umfassen. Allerdings muss es in einer solch dynamischen Welt innovativere Planungsparadigmen für den Change geben.

Wie müssen Planungsparadigmen im Change in Zukunft aussehen?

Statt klare Ziele, immer wieder neu geplante Schritte auf durchdachten Wegen mit bekannten Instrumenten, wird es in Zukunft eher darum gehen, sich auf unsicherem Gelände zu orientieren und lediglich die nächsten Schritte zu planen und sofort nach oder schon während der Erprobung den Raum für die Reflexion auf verschiedenen Ebenen zu geben und Anpassungsprozesse in Gang zu setzen.
Der Change muss sich lösen von durchgängig geplanten „Architekturen“, exakt geklärten Rollen und altbekannten Rezepten. Dazu braucht es natürlich eine offene Kommunikation, die Bereitschaft, seine Hypothesen über die Wirkung bestimmter Maßnahmen offenzulegen und auch mal „zurückzurudern“ und neue Wege einzuschlagen.

Das klingt nach „agil“, wurde im Change Management aber schon lange vor Aufkommen dieser Welle diskutiert und angewendet. Allerdings macht man im Change Management heute die Erfahrung, dass es nach wie vor die Tendenz gibt, in klassische Planungszyklen zurückzufallen. Dem kann man entgehen, indem man sich darauf einlässt, mit den vorhandenen Ressourcen einfach loszugehen und sich gegenseitig im Handeln bestärkt – auch wenn man dadurch im Unternehmen als „Spinner“ abgestempelt wird. Das zeigt, dass es Mut, Ausdauer, Cleverness und ein tieferes Verständnis von der Dynamik in einer sozialen Organisation braucht und die Bereitschaft, möglichst alle Kollegen mitzunehmen und sich stetig zu reflektieren.

Kommunikation als Kernfaktor im Change

Damit wird deutlich, wie stark es auf den Austausch und das Commitment ankommt und wie wichtig es ist, nicht in Lethargie oder Opposition zu verfallen, weil es keinen klaren Plan oder festes Ziel gibt. Insofern ist es dringend notwendig, sich mit dem  Thema Kommunikation im Change zu befassen. Und dieses „Mindset“ – schon lange und immer wieder eingefordert, aber häufig nicht verstanden, geschweige denn erreicht – wird keineswegs über Trainings herbeigeführt, sondern über das Einbeziehen der Mitarbeiter, stetiges Ausprobieren und offene Kommunikation (vgl. dazu auch die wegweisenden Ausarbeitungen zum Thema „Komplexität“ bei Borchert,2015 u.a.).

Ironischerweise zeigt gerade unser derzeitiges Erleben mit Corona, worauf es wirklich ankommt. Es wäre ganz falsch auf noch mehr Studien und darauf basierende Pläne zu warten. Vielmehr ist es richtig, sich auf diese chaotische Situation so einzustellen, dass man einerseits so wenig Erkrankte wie möglich riskiert und andererseits unser Gesundheitssystem mit seinen Ressourcen einsatzfähig hält. Das muss gekoppelt werden mit dem Vertrauen in diejenigen, die die Fakten kennen und mit dem Zutrauen, dass jeder mündige Bürger seinen Teil der Verantwortung erkennt, gemeinsam an einem Strang zieht und entsprechend handelt. Und natürlich immer Kommunikation!

Hintergründe aus der Empirie

Das erinnert uns an die sehr bekannten Experimente von Dörner (1996f). Dort wurde nachgewiesen, dass wir als Menschen große Probleme haben, uns in komplexen Situationen zurechtzufinden, für die wir keine Handlungsanleitungen gelernt haben.

Das bedeutet – was wir auch schon länger aus der Hirnforschung wissen – dass wir in chaotischen oder komplexen Situationen schlecht beraten sind, mit den altbekannten Denkschablonen und „Konzepten“ agieren zu wollen. Vielmehr wäre es einerseits nützlich, einen von Scharmer (2009) bezeichneten „Reload“ unserer Wahrnehmung mit Hilfe anderer Denkmodelle zu vollziehen und darüber eine andere Interpretation dessen, was wir als „die betriebliche Wirklichkeit“ sehen, zu ermöglichen. Und andererseits wäre nützlich, uns mehr auf das „Unbewusste“ einzulassen, weil uns das im Ernstfall schneller Hinweise auf angemessenes Handeln gibt, als unser bewusstes Denksystem (s. dazu z.B. Gigerenzer, 2007).

Das würde aber voraussetzen, stärker mit der dialogischen Kommunikation, die mit einer grundsätzlichen Neugier auf verschiedene Sichtweisen und neue Erkenntnisse verbunden ist, zu arbeiten und viel stärker die Prozesse in einer Organisation als ständiges Optimierungs-Kontinuum zu begreifen, um daraus der Selbstoptimierung mit Hilfe passender Hypothesen und Handlungsanleitungen zur Umsetzung zu verhelfen.

Mehr dazu erfahren Sie im Change Management Workbook oder in unserem nächsten Beitrag zu den Thesen.

Autoren: Dr. Klaus Wagenhals und Dr. Frank Kühn

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