Unternehmen erfolgreich wandeln. Changefähiger werden

Changefähigkeit gehört heute zu den Voraussetzungen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Bettina Almberger, Leiterin Competence Center Change Management, erläutert in ihrer Serie die verschiedenen Change Management Elemente sowie die damit verbundenen Herausforderungen für den Change Manager. Teil 1 beschäftigt sich mit dem Wissen darüber, wie der Change stattfinden soll.

Tiba Magazin – Ausgabe 1/2017

Die Geschwindigkeit, mit der sich unsere Wirtschaft heute ändert, lässt sich – wenn überhaupt – nur mit der Industrialisierung vergleichen. Vor allem die Digitalisierung, die mit dem mobilen Internet ihren Anfang nahm, verändert zurzeit Prozesse ebenso schnell wie grundlegend wie die eigentlichen Aufgaben, die jeder einzelne von uns in einem Unternehmen wahrnimmt. Für die Unternehmen ist dies eine große Herausforderung. Schließlich wird es kein Unternehmen geben, das nicht von dieser rasanten Entwicklung betroffen ist. Natürlich fällt der Grad der Veränderungen, die notwendig sind, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, unterschiedlich groß aus. Trotzdem wird kein Unternehmen ohne Veränderungen, und damit ohne Change Management auskommen.

Change Management umfasst dabei alle Aufgaben, Maßnahmen und Tätigkeiten, die eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltliche Veränderung zur Umsetzung neuer Strategien und/oder Strukturen, Systeme und Prozesse sowie Verhaltensweisen in Unternehmen bewirken. Es beinhaltet damit zum einen das Wissen darüber, was und wie verändert werden soll, aber auch das Management der Widerstände gegen die Veränderungen. Dies setzt Wissen über persönliche psychologische Veränderungsprozesse, eine intensive Kommunikation und eine neue Führungskultur voraus, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Change Management für Unternehmen bedeutet zudem grundsätzlich auch den Aufbau einer Change Expert Practice.

Change Management ist Wissen darüber, wie verändert werden soll

Um Veränderungen zu erreichen, gibt es verschiedene Ansätze, die je nach Ziel und Rahmen-bedingungen ausgewählt werden sollten. Sehr verbreitet sind dabei der Evolutionäre Wandel (Gradual Change), der Revolutionäre Wandel (Radical Change) und der Kontinuierliche Wandel (Stiller Wandel/Constant Change).

Evolutionärer Wandel
Schmetterlinge
Dieses Modell geht davon aus, dass Menschen schrittweise Veränderungen leichter akzeptieren. Deshalb werden Anpassungen auf organisa-torischer Ebene so geplant und umgesetzt, dass es die Organisation gerade verkraften kann.

Voraussetzung für einen Gradual Change ist die sukzessive Optimierung von Teilfunktionen und Prozessen. Dies kann nur bei entsprechend stabilen Rahmenbedingungen umgesetzt werden, zu denen unter anderem ein stabiles Management, aber auch ein stabile Umwelt – also Bestandskunden und Bestandsaufträge – gehören. Zudem muss ein entsprechender Zeitrahmen zur Verfügung stehen und alle Beteiligten miteingebunden werden. Die Evolution sollte bei den Kernprozessen beginnen, die vom Veränderungsbedarf aus betrachtet, am wichtigsten sind. Den Führungskräften kommt dabei eine besondere Rolle zu: Sie müssen das neue vorleben und brauchen ein entsprechend hohes Change Mindset.

Der Vorteil des Evolutionären Wandels liegt in der Beteiligung aller Mitarbeiter und dem relativ großzügigen Zeitrahmen, in dem die Veränderungen angestrebt werden. Dies erhöht die Veränderungsbereitschaft – allerdings nur, wenn die Rahmenbedingungen stabil sind. Herausforderungen wie umfangreiche Ausschreibungen um neue Kunden zu gewinnen oder auch der Wechsel des Managements können dazu führen, dass alte Prozesse schnell wieder die Oberhand gewinnen. Nicht zuletzt deshalb bietet es sich an, den Prozess durch einen Change Manager begleiten zu lassen.

Revolutionärer Wandel (Radical Change)

Dieses Modell geht davon aus, dass grundlegende Veränderungen nur bei hohem Problemdruck durchgesetzt werden können. Dabei zielt der Revolutionäre Wandel auf tiefgreifende Veränderungen und umfassende Eingriffe in der Organisation und die Prozesse. Es geht also um grundlegende strukturelle Veränderungen, die von den Führungskräften mitgetragen werden müssen. Kommt es hier zu einem dauerhaften Widerstand, müssen die Führungskräfte ggfs. ausgetauscht werden.

SchmetterlingeVoraussetzung für dieses Modell ist ein Business Redesign sowie ein Transformation Projekt für den radikalen Wandel. Um die fundamentalen und ganzheitlichen Veränderungen durchsetzen zu können, müssen klare Verantwortlichkeiten festgelegt werden. Damit wird unter anderem geregelt, wer welche Prozess- und Organisations-Veränderungen vorantreibt. Es empfiehlt, sich dabei, mit zeit- und erfolgskritischen Projekten zu beginnen, da dieses mit einem hohen Problemdruck einhergehen. Gleichzeitig muss bei den Mitarbeitern Verständnis für die Veränderung geschaffen werden.

Der Vorteil dieses Modells liegt darin, dass alte Zöpfe leichter abgeschnitten und kulturelle Veränderungen leichter möglich sind. Allerdings muss damit gerechnet werden, dass nicht alle Mitarbeiter mit den Veränderungen klar kommen. Widerstände und fehlende Changefähigkeiten können den Erfolg behindern – dies gilt auch für Führungskräfte, die sich widersetzen.

Umso wichtiger ist bei diesem Vorgehen die Etablierung eines Change Teams sowie ein Change Coaching für Führungskräfte. Dies unterstützt den individuellen Umgang mit dem Change.

Kontinuierliche Veränderung (Stiller Wandel)

Das Modell des Kontinuierlichen Wandels orientiert sich an einem natürlichen System, das danach strebt ein Gleichgewicht zu halten. Dementsprechend führen Instabilitäten automatisch zu kleinen Veränderungen. Diese finden sukzessive und meist ungeplant statt. Neue Prozesse lassen sich entsprechend durch einen äußeren Impuls initiieren, der diese anschiebt und für ihre kurzfristige Umsetzung sorgt.

SchmetterlingeRealisieren lässt sich eine kontinuierliche Veränderung nur mit Führungskräften, die sich ihrer hohen Verantwortung bewusst sind und über ein ausgeprägtes Change Mindset verfügen. Auch an die Mitarbeiter werden hohe Anforderungen gestellt: Sie benötigen die Bereitschaft und die Fähigkeit, mit anhaltender Instabilität umzugehen und diese auch auszuhalten. Zudem müssen sie bereit sein, ständig an sich selbst zu arbeiten – beispielsweise, indem sie sich von alten unbewussten Verhaltensmuster, strukturiertem Vorgehen und Planungen lösen und stattdessen eher auf spontane „zufällige“ Entwicklungen reagieren. Dies erfordert die Fähigkeit, aus der Informationsflut an neuen technischen Möglichkeiten das „richtige“ herauszufiltern sowie eine hohe emotionale Intelligenz.

Der Vorteil dieses Modells liegt darin, dass es Veränderungen ohne Druck ermöglicht. Da Veränderungen in kleinen Schritten erfolgen, wird auch das Risiko geringer – dies ermöglicht eine Fehlerkultur, von der allen Beteiligten profitieren. Gleichzeitig muss jedoch bedacht werden, dass Unsicherheit und Instabilität zur Regel wird und dies bei Mitarbeitern zu Unruhe und Unsicherheit führen kann. Für Manager ist dieses Modell zudem wenig attraktiv, da sie die Erfolge weniger brillant für sich reklamieren und präsentieren können.

Um Mitarbeiter und Management bei einem kontinuierlichen Wandel zu unterstützen, kann die Einführung eines agilen Vorgehens hilfreich sein. Zudem sollten Führungskräfte ein entsprechendes Coaching erhalten, um mit Unstabilität und Unsicherheiten umgehen zu können. Mitarbeiter sollten bei der Persönlichkeitsentwicklung/Empowerment unterstützt werden und im Unternehmen eine Vertrauens- und Selbstreflektionskultur entwickelt werden.

Die Trends der ACMP Conference

Change wird zu einer der wichtigsten Herausforderungen der Unternehmen. Dieser Entwick-lung wurde die diesjährige CMP Conference durch die Schwerpunkte der Vorträge gerecht. Diese beschäftigten sich vor allem mit der Kompetenz-Entwicklung von Change Managern und Change Leadern sowie mit der Frage, wie Change anhand von moderierten Spielen erfahrbar gemacht werden kann. Ein ganz wichtiges Element war zudem die Entwicklung gegenseitiger Wertschätzung und das empathische Miteinander als Erfolgsfaktor für die Changefähigkeit.

Großen Anklang fand zudem die Session „Mindfull Meditation“. Sie zeigte, wie man besser mit dem Stress in Veränderungen umgehen kann. Auch das Thema Aufbau von Change Expert Practices mit weltweit verteilten Experts erhielt große Aufmerksamkeit.

Die CMP Conference fand vom 21. bis 24. Mai 2017 in New Orleans statt. Sie wird einmal jährlich von der Association of Change Management Professionals veranstaltet.


Abb. 1: Aufgaben eines Change Managers

Fazit

Change Management ist sowohl für die Organisation und deren Führungskräfte als auch für die Mitarbeiter eine Herausforderung. Dies umso mehr vor dem Hintergrund, dass such ein echter Change oft nicht planen lässt. Umso wichtiger ist es für den Erfolg der Change Prozesse, dass Mitarbeiter auf die Veränderungen vorbereitet werden und eine entsprechende Unterstützung in Form von Qualifizierung, Lern- und Arbeitsumgebungen und Empowerment erhalten.

Autor:in

Portrait Autor

Bettina Almberger

Leiterin CoC Change Management
Tiba Managementberatung GmbH

Bettina Almberger, Leiterin Competence Center Change Management der Tiba Managementberatung GmbH, arbeitet seit über 19 Jahren als Unternehmens- und Change Beraterin. Neben der fachlichen Entwicklung der Change Management Kompetenz der Tiba ist sie u.a. verantwortlich für die Primary Partnerschaft zu Prosci ©, der benchmarkbasiertem Change Manage-ment Methodik. Als Change Senior Consultant begleitet sie voranging die Führungskräfte ihrer Kunden in Veränderungsprojekten. Sie unterstützt Unternehmen hin zu einer höheren Changefähigkeit und in der Transformation hin zu neuen Prozessen und neuen organisatorischen Strukturen. Als Trainerin qualifiziert Bettina Almberger Führungskräfte in ihrer Kompetenz zum Change Leader.