Keynote Innovationsprojekte von pragmatisch bis visionär – Lektionen aus China und dem Silicon Valley – Christoph Burkhardt & Steven Mc Auley im Exklusivbeitrag

„2001:Odysee im Weltraum“, „Matrix“, „StarTrek“ und viele andere – auf die Filmindustrie übt künstliche Intelligenz (KI) oder Artificial Intelligence (AI) schon lange eine faszinierende, oft ambivalente Anziehung aus. Christoph Burkhardt und Steven Mc Auley, Gründer des globalen Innovation Think Tanks Tiny Box, sehen in ihr primär das enorme Potenzial zur Erzielung eines echten Innovationswachstums. Im Dialog beschreiben sie ihre Erfahrungen aus dem Silicon Valley sowie aus China.

KI ist kein Aktiver Problemlöser

„Künstliche Intelligenz kann keine Probleme lösen“ lautete die These des Innovationspsychologen Christoph Burkhardt auf den PM-Tagen 2017. „Der Meinung bin ich immer noch“, sagt er zwei Jahre später. „Die meisten Menschen überschätzen die Möglichkeiten der KI, denn ihr kognitives Niveau entspricht heute höchstens dem eines drei- bis fünfjährigen Kindes.“ Aber künstliche Intelligenz ist anders als das menschliche Gehirn in der Lage, mit Hilfe neuronaler Netze in großen Datenmengen sehr schnell Muster zu erkennen. Damit wiederum schafft sie Voraussetzung für Innovation, ohne selbst aktiver Problemlöser zu sein.

Big Data und Machine Learning nutzen

„Künstliche Intelligenz ist schon längst da. Das Gute: Wir sind mittendrin und dürfen mitgestalten“, meint AI & China Strategy Lead Steven Mc Auley. Wenn der Onlinehändler Amazon schon vor uns weiß, was wir eigentlich kaufen möchten, oder das Videoportal YouTube immer wieder neue, thematisch passende Clips zu unserer Suchanfrage anbietet, dann begegnet uns die KI im Alltag, ohne dass wir es überhaupt registrieren. Machine Learning lautet in diesem Zusammenhang das Stichwort. Sie bezeichnet die Fähigkeit der AI, große Datenmengen zu analysieren, daraus zu lernen und das Erlernte wieder neu zu verknüpfen – zu unserem Vorteil. Christoph Burkhardt nickt: „Die künstliche Intelligenz soll nicht in Konkurrenz zum Menschen treten. Ziel ist es vielmehr, die menschliche und artifizielle Intelligenz zum beiderseitigem Nutzen zusammenzubringen.“

Schneller zu  besseren Prozessen und besseren Produkten

Im Jahr 2019 besitzen mehr als drei Milliarden Menschen ein Smartphone, also einen Computer, dessen Leistung die Rechenkapazität des Bordcomputers der Apollo 11 um das Millionenfache übersteigt. Scheiterte es in früheren Zeiten bei der Auswertung von Big Data an bezahlbarer Rechenpower, verfügt heute ein großer Teil der Menschheit bereits technisch über diese Möglichkeit. „Wir müssen uns nur entscheiden, wie wir die KI nutzen wollen“, ist Christoph Burkhardt überzeugt. Sie kann dazu beitragen, Produkte und Prozesse zu optimieren. So hat ein US-amerikanischer Online-Bekleidungsausstatter beispielsweise die Trefferquote seiner individuell zusammengestellten Bekleidungsboxen erheblich verbessern können. Die KI hat den Stylisten dazu „über die Schulter geschaut“ und gleichzeitig gelernt: Welche Kleidungsstücke wurden eingepackt und – noch entscheidender –  welche wurden von den Kunden zurückgeschickt? Heute spricht die KI beim Packen der Boxen zeitsparende und qualitätsverbessernde Empfehlungen aus. Mensch und Maschine arbeiten Hand in Hand.

Umsetzen, was der Markt verlangt

Steven Mc Auley ist als AI & China Strategy Lead häufig im derzeit einwohnerreichsten Land der Welt zu Gast. Er ist fasziniert – unter anderem von den ungeheuren Datenmengen, die China produziert. „Ein Land, das so gut wie keinen Datenschutz kennt, analysiert die erfassten Daten und nutzt sie auch“, sagt er. Daneben bewerten chinesische Unternehmen Risiken anders als deutsche oder amerikanische Firmen. Ein „Good-enough“-Standard führt dazu, dass neue Technologien schneller und adaptiver angewendet werden. „Am entscheidendsten aber für mich ist“, so Steven Mc Auley, „dass chinesische Innovationen nicht missions-, sondern fast ausschließlich marktgetrieben sind.“ Verknüpfen westliche Unternehmen Innovationen häufig mit einer Vision, sieht die chinesische Wirtschaft KI-Anwendungen im Innovationsmanagement viel pragmatischer.

Maschinelles Lernen verändert das Projektmanagement

Google, Amazon, IBM – schon längst haben die Global Player die künstliche Intelligenz in ihren Unternehmensstrategien verankert. Wie aber kann es dem Mittelstand und kleineren Unternehmen gelingen, KI für sich gewinnbringend einzusetzen? Innovationspsychologe Burkhardt stellt dazu folgende Fragen: „Wem wollen wir mit der KI dienen? Welches Anliegen soll KI in dem jeweiligen Unternehmen lösen?“ Seiner Erfahrung nach existieren in vielen Unternehmen heute schon große Datenbestände, die noch gar nicht systematisch ausgewertet, aber unproblematisch in die KI eingespeist werden könnten. Auch im Projektmanagement kann die KI unterstützen, indem wissensbasierte Software zum Beispiel planerische Aufgaben wie eine Engpassermittlung übernimmt. Der Vorteil: KI-Algorithmen lernen durch ihre Erfahrungen mit dem Nutzer und können mit der Zeit selbst Entscheidungen treffen: Den Projektmanagern bleibt so mehr Zeit für soziale Interaktion oder kreative Prozesse.

 

KURZBIOGRAFIE:

Christoph Burkhardt, studierter Kognitionspsychologe und Ökonom, lebt und arbeitet im Silicon Valley und ist tagtäglich hautnah dabei, wenn Durchbruchsideen die Welt erobern. Sein Think Tank TinyBox versorgt Unternehmen wie Intel, SAP oder BMW mit den Werkzeugen und Systemen für Technologie getriebene Business Cases und einem neuen Ansatz für Transformation, der die Basis für echtes Innovationswachstum bildet. Innerhalb der Ideenschmiede TinyBox übernimmt Steven Mc Auley die Rolle des AI & China Strategy Leads. Als Wirtschaftspsychologe und Mitglied des Deutsch-Chinesischen Vereins für Künstliche Intelligenz untersucht er, warum Unternehmen beim Einsatz von KI scheitern.

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