Großprojekte: Was München besser macht als Berlin oder Hamburg

Was Hamburg und Berlin nicht gelingt, hat München bereits hinbekommen: Die termingenaue Fertigstellung eines Großprojektes! Der Projektleiter im Baureferat, Johann Wittmann, verantwortlich für den Bau der Münchner Stadttunnel, erklärt im Interview sein Erfolgsgeheimnis. Live erleben konnten Sie ihn bei den PM-Tagen am 2. und 3. März in München, wo er bei der Podiumsdiskussion dabei war.

Großprojekte beherrschen in den Medien meist damit die Schlagzeilen, dass sie länger dauern als geplant. Der Luise-Kiesselbach-Tunnel in München war sogar schneller fertig. Lag es an der langen Vorlaufphase – erste Überlegungen über die Notwendigkeit eines Tunnels im Münchner Südwesten gab es ja schon in den Siebziger Jahren – oder kann das Münchner Baureferat einfach besser planen?

Wittmann: Für Großprojekte ist in der Regel ein „kleiner“ Zeitpuffer für unvorhergesehene Ereignisse vorgesehen. Dieser musste in unserem Fall unter anderem aufgrund von konsequenter Terminplanung und -steuerung nicht in Anspruch genommen werden. Ohne überheblich sein zu wollen: Die Fertigstellung war eine Punktlandung.

Nach dem ersten Bürgerentscheid in München 1996 wurde mit der Tunnelplanung für zwei Tunnels neu begonnen. Diese wurden zeitgleich geplant. Der Richard-Strauss-Tunnel wurde dann von 2003 bis 2009 realisiert. Der Luise-Kiesselbach-Tunnel wurde 2002/2003 aus finanziellen Gründen zurückgestellt. An der langen Vorlaufzeit lag es somit nicht, da der Richard-Strauss-Tunnel auch pünktlich fertiggestellt wurde.

Gab es unvorhergesehene Situationen, die den Zeitrahmen zu gefährden drohten?

Wittmann: Ja, die gab es. Probleme gab es bei der Ausführungsplanung, weil beispielsweise Statik- sowie Schal- und Bewehrungspläne baubegleitend erstellt werden. Dann kann es leicht passieren, dass mehr Zeit gebraucht wird, weil beispielsweise längere Bohrpfähle oder mehr Stahl benötigt werden.

Außerdem konnte der Boden vorweg nur punktuell untersucht werden. Wir mussten uns deshalb mit aufwändigeren Gründungen, Grundwassereinflüssen und Altlasten auseinandersetzen.

Schließlich arbeitet man bei Großprojekten ja mit bis zu 25 Unternehmen gleichzeitig zusammen. Dies führte immer wieder zu Terminänderungen.

Da die Ausschreibung europaweit erfolgte, gab es Einsprüche, die den Arbeitsablauf beeinflusst haben. Dann kamen noch Planungsänderungen hinzu, weil wir die Planungen an neue Richtlinien und Vorschriften anpassen mussten.

Was haben Sie Ihrer Ansicht nach letzten Endes besser gemacht als viele andere Verantwortliche von Großprojekten, deren Fertigstellung sich verzögert?

Wittmann:  Ich will nicht sagen, dass wir es besser gemacht haben, aber folgende Punkte haben wir für eine erfolgreiche Abwicklung vorausgesetzt:

  • Klasse Team mit großer Fachkunde, bei der jeder fast alles macht
  • Klare Projektstrukturen sowie Verantwortungs- und Entscheidungskompetenz (durchgehende Projektleitung) – Einer hat den „Hut“ auf!
  • Partnerschaftliche Projektabwicklung Auftraggeber – Auftragnehmer, miteinander reden (z.B. wöchentliche Besprechungen mit allen Beteiligten, umfassende Dokumentation der Gespräche etc.)
  • Konsequente Termin- und Kostenplanung sowie Verfolgung
  • Gesellschaftliche Akzeptanz (Bürgereinbindung)
  • Kostenansatz für Restrisiken berücksichtigen

Gibt es irgendwelche Lessons Learned, die Sie teilen möchten?

Wittmann: Wir haben Wert auf menschliche Aspekte gelegt, auf einen ehrlichen Umgang miteinander. Außerdem braucht man Mut, Entscheidungen zu treffen. Und dabei gilt: Wer entscheidet, macht auch Fehler.

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