Gestärkt aus der Corona-Krise kommen | Interview mit Geschäftsführer Reinhard Wagner

Die Corona-Pandemie hält Gesellschaft und Wirtschaft in Atem. Was unser Geschäftsführer Reinhard Wagner rät, um gestärkt aus der Krise zu kommen, lesen Sie im Interview. Fest steht: Es gehört einiges dazu, um diese Situation als Unternehmen zu meistern. Resilienz, Veränderungsfähigkeit und Zusammenhalt bilden den Anfang. Welche Schritte folgen und was es dabei zu beachten gibt, verrät Ihnen Reinhard Wagner im Gespräch.

Wie erleben du und deine KollegInnen der Tiba die Corona-Pandemie?

Reinhard Wagner: Erste Hinweise auf die Gefährlichkeit des Virus gab es ja von Anfang an, aber mit welcher Wucht es uns dann in Deutschland getroffen hat, war schon erstaunlich. Keiner bei der Tiba hatte mit einer solch rasanten Entwicklung gerechnet. Auch wir als Dienstleister konnten uns den Auswirkungen nicht entziehen. So wurden etliche Seminare im März und April abgesagt bzw. auf unbestimmte Zeit verschoben. Viele unserer Mitarbeiter konnten ihre Beratungsleistungen nicht mehr beim Kunden vor Ort erbringen und mussten dies aus dem Homeoffice heraus erledigen. Die PM-Tage der Tiba, die für Ende März mit mehr als 200 Entscheidern geplant waren, mussten auf 2021 verschoben werden. Und auch Tiba kam nicht umhin, für ihre Mitarbeiter Kurzarbeit zu beantragen.

In vielen Gesprächen, die wir aktuell mit unseren Kunden führen, bekommen wir ähnliche Szenarien geschildert. Viele Firmen erleben derzeit eine 180° Wende hin zu virtueller Kommunikation und digitalen Arbeitsweisen. Präsenzseminare wurden kurzerhand auf Online-Formate umgestellt, Konzeptions- und Projektarbeit für Kunden wurden nicht mehr (nur) vor Ort erbracht, sondern vom Homeoffice aus, ganz ohne Reisetätigkeiten und -kosten. Unser Competence Center „Digital Training“ war plötzlich einem Ansturm von Fragen unserer Kunden und Mitarbeiter ausgesetzt: „Welches Tool kann ich am besten für ein Online-Seminare einsetzen? Was ist beim Einsatz des bekannten Tools „Zoom“ zu beachten? Welche Vorteile gibt es mit „MS Teams“? Wie bereite ich mich auf eine Video-Konferenz mit vielen Teilnehmern vor und was gilt es bei der Moderation einer virtuellen Sitzung zu beachten?“ Bereits in dieser Zeit profitierten unsere Kunden klar vom Know-how der Tiba, um Seminare und andere Formen von Besprechungen digital durchführen zu können.

In der Tiba erleben wir derzeit eine nie dagewesene Kreativitätsphase und einen unglaublichen Zusammenhalt innerhalb der Firma. Der Austausch ist reger denn je und die Tibaner arbeiten abteilungsübergreifend an neuen, innovativen Lösungen für unsere Kunden. Ich glaube, diese Krise wird die Gesellschaft und ihre Werte nachhaltig verändern.

Was rätst du Unternehmen nun, nachdem sich Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen abzeichnen?

RW: Jetzt gilt es vor allem, mit Ruhe und Besonnenheit zu agieren und intensiv die Reaktivierung des Geschäfts vorzubereiten. Nachdem es während der Ausgangsbeschränkungen vor allem darum ging, Kosten möglichst schnell herunterzufahren, um die Liquidität zu erhalten, ist nun weiterhin auf den Cashflow zu achten. Das heißt, es sind jetzt vor allem die Aktivitäten wieder hochzufahren, die schnell zu Einnahmen führen. Von hohen Investitionen würde ich persönlich in der aktuellen Situation abraten. Als Beratungsunternehmen empfehlen wir unseren Kunden daher, den Fokus auf das Projektportfoliomanagement zu legen und alle Tätigkeiten über ein „Kanban“-Board zu steuern. Denn ein Kanban-Board bietet eine strukturierte Übersicht der Tätigkeiten und erlaubt in Krisenzeiten, schneller, strategischer und systematischer zu agieren.

Um die bestmögliche, strategisch sinnvollste Wertschöpfung aus Ihren Projekten herauszuholen, ist es wichtig, Kriterien für die Priorisierung von Aktivitäten und Projekten zu definieren und das gesamte Portfolio von Aktionen und Projekten damit zu bewerten. Sicherlich gibt es Dinge, die warten müssen. Diese werden einfach „geparkt“ und im nächsten Jahr reaktiviert. Es gibt natürlich auch Projekte, die unbedingt fortgeführt werden müssen und oberste Priorität in der Ressourcenplanung haben. Der größere Teil des Portfolios wird aber irgendwo dazwischenliegen. Prinzipiell gilt es „auf Sicht zu fahren“. Eine wöchentliche Neubewertung der Lage hilft dabei, die eigenen Aktivitäten und Projekte sukzessive wieder „hochzufahren“. Hilfreich ist sicherlich auch, die verfügbaren Ressourcen zu bewerten: Welche Ressourcen sind ein Engpassfaktor und müssen detailliert durchdacht werden bzw. bei welchen Ressourcen kann man sich vielleicht schnell behelfen und eine Engpasssituation überwinden? Die Instrumente des Projektportfolio- und Ressourcenmanagements erweisen sich hier also als äußerst hilfreich.

Manche Experten warnen vor einer tiefen Rezession. Wie siehst du das?

RW: Sicherlich wird es in den nächsten Monaten eine Zeit der Unsicherheit, des Abwartens und der Anpassung geben. Nach meiner Erfahrung (und das deckt sich mit Aussagen der fünf Wirtschaftsweisen) wird sich die Wirtschaft in weiten Bereichen relativ schnell erholen. Es ergeben sich jetzt sogar eine Vielzahl neuer Impulse: Die Digitalisierung wird einen enormen Schub erleben, Unternehmen werden sich strategisch neu ausrichten und angesichts der Erfahrungen auf Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit achten. Unternehmen müssen anpassungsfähiger werden, was sich auf organisatorische Strukturen, das Mindset und die Unternehmenskultur auswirkt. All das wird einen wirtschaftlichen Schwung erzeugen, den wir ab dem vierten Quartal auch wieder in den Geschäftszahlen spüren werden. Deshalb rate ich (gerade jetzt), sich die strategische Ausrichtung des eigenen Unternehmens mit einem gewissen Abstand anzusehen und diese ggf. nachzujustieren. Nutzen Sie die Zeit, um neue Geschäftsideen, Arbeitsweisen und Ansätze auszuprobieren!

Das klingt ja nach Change und Transformation?

RW: Ja, es ist definitiv eine Chance, sich in Zeiten der Krise wieder zurückzubesinnen auf die wahren Stärken des Unternehmens und Neues auszuprobieren, um mit frischen Impulsen in die Zeit nach Corona zu starten. So werden Besprechungen in Zukunft vermutlich verstärkt virtuell stattfinden. Auch Weiterbildungen werden gemäß des „Blended Learning-Ansatzes“ künftig vermehrt als Kombination aus Online- und Präsenzformaten angeboten werden. Starre Organisationsformen werden sich deutlich verändern oder auflösen müssen, und auch das allgemeine Mindset wird sich in Richtung einer größeren Anpassungsfähigkeit weiterentwickeln.

Es ist einer der großen Leistungsschwerpunkte der Tiba, Führungskräfte und Mitarbeiter bei Change- und Transformationsprogrammen zu unterstützen, insbesondere wenn es darum geht, die Anpassungsfähigkeit einer Organisation zu verbessern. Mit unseren bewährten Ansätzen haben wir in der Vergangenheit schon vielen Kunden in herausfordernden Situationen geholfen – vor allem bei der Vorbereitung der Mitarbeiter auf die Veränderungen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor und Garant für die Wettbewerbsfähigkeit wird die Transformationsfähigkeit von Unternehmen sein. Vor allem die Einführung agiler Methoden und Skalierung sowie die Digitalisierung des gesamten Unternehmens wird in naher Zukunft entscheidend sein für das Fortbestehen vieler Organisationen. Daher müssen gerade diese Aspekte nach der Corona-Krise priorisiert angegangen werden.

Was ist jetzt eigentlich aus der Diskussion um den Klimawandel und die Nachhaltigkeit geworden? Auch Tiba hat in den letzten Jahren ja einiges über Nachhaltigkeit in der Projektarbeit geschrieben.

RW: Während der Corona-Krise ist das Thema Klimawandel in den Hintergrund des allgemeinen Diskurses getreten. Der Klimawandel wird uns allerdings sehr bald wieder beschäftigen und uns vor allem über einen sehr langen Zeitraum begleiten. Denn die Auswirkungen auf uns Menschen sind auf lange Sicht betrachtet deutlich gravierender als Covid 19. Vielleicht kann uns die aktuelle Herausforderung bei der Bewältigung der Klimakrise helfen, da wir lernen, was eine fokussierte Zusammenarbeit aller Gesellschaftsebenen und Unternehmen sowie der Politik bewirken kann.

Ich wünsche mir vor allem mehr Resilienz in Wirtschaftsunternehmen, angefangen bei der Ausgestaltung der Unternehmensstrategie und des Projektportfolios der nächsten Jahre bis hin zu konkreten Maßnahmen in Vorbereitung auf und Milderung der Folgen von Ereignissen wie Klimawandel, Pandemien, Naturereignissen und Handelsbarrieren, um nur einige zu nennen. Resilienz erfordert jedoch nicht nur eine strategische Antwort, sondern auch ein Umdenken hinsichtlich der organisatorischen Aufstellung. Eine hierarchisch aufgebaute Organisation mit funktionaler Aufteilung und durchsetzungsstarken Führungskräften wird es zukünftig schwer haben, als attraktiver Arbeitgeber für jungen Talente zu gelten und sich in einem stark volatilen Umfeld zu bewähren sowie genügend neue Geschäftsideen zu kreieren, die das Unternehmen im Wettbewerb voranbringt. Wir können gerne dabei helfen, eine passende Strategie für Sie zu finden und die zur Umsetzung notwendigen Maßnahmen gemeinsam mit ihnen zu planen.

Und ja, die Tiba hat sich in den letzten Jahren viel mit der Nachhaltigkeit in Projekten sowie dem Projektmanagement auseinandergesetzt. Es geht uns dabei um einen weit gefassten Begriff von „Nachhaltigkeit“ – auf der Ebene des Einzelnen, der Projektteams, des Unternehmens sowie auf gesellschaftlicher Ebene – und um die Verantwortung, die damit verbunden ist. In Arbeitsgruppen diskutieren wir bereits eine Reihe von Konzepten – sowohl innerhalb der Tiba also auch in Arbeitskreisen mit Kunden, Experten und weiteren Interessengruppen. Sprechen Sie uns gerne an, um neue Impulse zu bekommen.

Die letzte Frage knüpft an die vorherige Frage an. Was hast du selbst in den letzten Wochen getan, um die Nachhaltigkeit der Tiba und unserer Gesellschaft zu stärken?

RW: Ich habe mich Mitte März entschieden, ins Homeoffice zu gehen. Wer mich kennt und weiß, dass ich ein Vielflieger bin, kann vielleicht nachvollziehen, dass das für mich am Anfang ein schwieriger Anpassungsprozess war. Schon vereinbarte Kundengespräche, Reisen und Veranstaltungen mussten abgesagt, verschoben oder mithilfe virtueller Tools abgehalten werden. Ich habe mir zwar die Fahrt ins Büro nach München gespart, aber die Zahl der Online-Termine schnellte plötzlich in die Höhe und die Tage waren unheimlich ausgefüllt.

Das gesamte Team der Tiba organisiert sich derzeit neu und entwickelt innovative Ansätze, um Kunden in dieser Zeit aus der Not zu helfen. So nutzen wir die Zeit, um im Kundenauftrag z.B. Konzeptionen für Blended Learning, PM-Akademien, Projektanalysen und Verbesserungspotenziale für die Zeit nach Corona zu erstellen. Im Baugewerbe wurde weitergearbeitet, und gerade im Energie- oder Infrastrukturbereich ist der Unterstützungsbedarf nach wie vor ungebrochen. In der Osterzeit sind hierzu konkrete Aufträge entstanden. So können wir uns als Tiba auch für diesen Bereich einbringen und dazu beitragen, ihn weiter zu stärken.

Daneben habe ich mir persönlich die Zeit dafür genommen, als Mentor den Covid 19 „Hackathon“ der PMO Global Alliance zu unterstützen. Das war eine sehr spannende und für mich neue Erfahrung im internationalen Umfeld, bei der fast 500 Interessierte an verschiedenen Projektideen gearbeitet haben. Eingesetzt als moderne Form der Kreativarbeit bei Tiba kann dies sicherlich auch unseren Kunden dabei helfen, Talente und ideenreiche Energie für innovative Lösungen zu entfesseln. Letztendlich ist das auch ein Beweis dafür, dass aus Krisen durchaus neue Chancen erwachsen können. In diesem Sinne wünsche ich allen einen guten Neustart und viel Erfolg bei dem, was sie tun!

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