Transformationen erfolgreich gestalten

– Trendserie Teil 1 –

Lassen sich strategisch wichtige Transformationen wie die agile und die digitale Transformation trotz aller Unsicherheiten der VUCA Welt erfolgreich gestalten? Dieser Frage geht Markus F. Wanner in seiner neuen Trendserie nach.

Tiba Magazin – Ausgabe 1/2019

Strategisch wichtige Transformationen scheitern oft oder liefern nicht die gewünschten Ergebnisse. Diese leidvolle Erfahrung haben bereits viele Unternehmen gemacht, was auch mehrere Untersuchungen [1] [2] [3] bereits vor den aktuellen Herausforderungen der VUCA Welt und der Digitalisierung bestätigten. Wie begibt sich nun ein Unternehmen bei diesen Unsicherheiten auf die Reise und gestaltet eine Transformation?

Auf diese Frage kann es nur eine firmenspezifische Antwort geben. Sicher ist, dass das Kopieren von fertigen Konzepten / „blueprints“ sowie die reine Fokussierung auf Methoden und Technologie zum Scheitern verurteilt ist. Mensch und Kultur als Erfolgsfaktoren wichtig zu nehmen, agil beziehungsweise iterativ vorzugehen und beim eigenen Erfahrungslernen auch mal Fehler zuzulassen, hilft auf jeden Fall, sagt Markus F. Wanner, Partner und Beauftragter der Geschäftsführung bei der Tiba Managementberatung, aus seiner Sicht als Experte und Berater für Transformationsprojekte.

Im 1. Teil seiner Trendserie gibt der Autor einen Überblick zum Thema „Transformationen gestalten“ und zu den zwei aktuellen Transformationsthemen in den Unternehmen – agile und digitale Transformation. In den folgenden Beiträgen wird zunächst die Gestaltung dieser zwei strategisch wichtigen Programme behandelt, um dann vertiefend auf das Warum, Wie und Was einzugehen:

  • Teil 2: Digitale Transformation gestalten – Ganzheitliches, agiles Vorgehen mit Fokus auf die Faktoren Mensch und Kultur neben Prozessen und Technologie
  • Teil 3: Agile Transformation gestalten auf dem Weg zur adaptiven Organisation
  • Teil 4: Transformation gestalten: Start with why? – Purpose/ Vision und Einsicht in die Notwendigkeit einer Transformation und Gründe für gescheiterte Transformationen
  • Teil 5: Transformation gestalten: How? – Ganzheitliches/ agiles Vorgehen, um Schritt für Schritt kleine Erfolge mit akzeptierten Ergebnissen zu erreichen
  • Teil 6: Transformation gestalten: What? – Gestaltungselemente einer Transformation

Transformation als Programm gestalten: Vom Ist-Zustand zum Zielbild

Jede Veränderung wird gestartet, um aus einem gegebenen Ist-Zustand einen gewünschten Ziel-Zustand mit verbesserten Geschäftsergebnissen zu erreichen. Dies gilt auch für eine Transformation. Was ist das Besondere an einer Transformation in Abgrenzung zu sonstigen Veränderungsvorhaben (Transition)?

Transformation – Der Weg vom Ist-Zustand zum Zielbild

Abbildung 1: Transformation – Der Weg vom Ist-Zustand zum Zielbild

Das grundsätzliche Ziel jeder Transformation ist es einen fundamentalen Wandel, möglichst vor den Wettbewerbern, zu realisieren, wie das Unternehmen sein Geschäft ausführt, um es zu befähigen mit einem geänderten, herausfordernden Marktumfeld umzugehen. Transformationen sind nach der Unterscheidung des PMI® Veränderungen der 2. oder der 3. Ordnung.

  • Veränderungen 1. Ordnung: Es wird z.B. nur ein Prozess geändert oder ein IT-System eingeführt
  • Veränderungen 2. Ordnung: Es wird z.B. die Strategie geändert oder die gesamte Prozesslandschaft neu gestaltet und mehrere IT-Systeme eingeführt bzw. alle diese Maßnahmen gleichzeitig
  • Veränderungen 3. Ordnung: Beispielsweise ändert sich das gesamte Geschäftsmodell zusätzlich zu den bei der 2. Ordnung aufgeführten Inhalten und es soll ein Kulturwandel vollzogen mit veränderten Werten werden.

Transformationen sind damit komplex, schwierig und mit hohen Risiken verbunden, dauern länger und sind irreversibel. Da sie eine hohe strategische Bedeutung haben und stets in der Verantwortung des Top-Managements liegen und damit eigentlich auch ihre Aufmerksamkeit haben sollten, ist es umso dramatischer, dass nur 30% (Durchschnitt von verschiedenen Studien) dieser Initiativen erfolgreich sind.

„All organizational changes are managed by programs or projects.“ (PMI)

Jeder Change im Unternehmen sollte immer als Projekt, jede Transformation am besten als Programm umgesetzt werden. Um den gewünschten Nutzen Schritt für Schritt zu erzielen, dabei die Organisation nicht zu überfordern und um gleichzeitig die betroffenen Menschen mitzunehmen, enthält das Vorgehen einer Transformationsgestaltung u.a. folgende Punkte:

  1. Führungsteam „einschwören“, gemeinsame Sicht, aufzeigen von Perspektiven
  2. Transformation als Programm aufsetzen (mit Transformation Team plus Transformation Office)
  3. Zielzustand / Vision (in 1. Iteration) bestimmen
  4. Kurze Umfeldanalyse und Standortbestimmung zur „Einsicht in die Notwendigkeit“
  5. Programm mit Programm Management (Abhängigkeiten, Zielbeiträge, etc.) steuern
  6. Inhalte der Einzelprojekte mit agilem Projektmanagement steuern, um interne/ externe Kunden intensiv einzubinden, zügig umzusetzen / Quick Wins zu erzielen und um durch iterative Feedbackschleifen zu lernen
  7. „People side of transformation“ mit Change Management durch die Veränderung führen und mit Widerstand umgehen, um Akzeptanz zu erreichen und Produktivität der Mitarbeiter zu erhalten

Der Weg zum langfristigen Zielbild / Vision führt vom Erkennen der Notwendigkeit für einen Wandel bis zum Erreichen von ersten Ergebnissen / Quick Wins und den iterativ angepassten Zielen bis zum realisierten Nutzen. Abhängig vom Umfang und Geschwindigkeit der Veränderung gewährleisten agiles Projekt- und Change Management, dass die Ziele erreicht werden. Für eine erfolgreiche Transformation benötigt es die fachlich-inhaltliche und die personenbezogene Seite.

Lesen Sie dazu auch die Trendserie von Bettina Almberger zur neuen Führungs- und Changekultur sowie den damit verbundenen Herausforderungen für Change Manager.

Programm „Agile Transformation“ gestalten

Eine agile Transformation findet auf den folgenden drei Ebenen eines Unternehmens statt:

  • Projekt-, Teamebene mit PM 4.0: adaptives Projektmanagement (agil und klassisch)
  • Programm-, Portfolio-Ebene mit Skalierung PM 4.0: adaptives Portfolio-, Programm-Management
  • Business Unit-, Unternehmensebene mit adaptiver Organisation: agile / adaptive / zukunftsfähige Organisation (hierauf wird in Teil 3 dieser Trendserie eingegangen).

Egal auf welcher Ebene begonnen wird, die Erfahrung zeigt, dass nur eine Kombination von bottom-up- (meist am Anfang) und top-down-Vorgehen zielführend ist. Das bedeutet ohne die Unterstützung des Managements und ohne die persönliche Beteiligung oder Veränderung von allen betroffenen Führungskräften wird eine agile Transformation nicht gelingen.

Die VUCA-Welt beschreibt dabei die Herausforderung der Führungskräfte, ihr Unternehmen auf das “Morgen” vorzubereiten. Auf die zentrale Rolle einer geänderten Führungskultur mit der Förderung der Mitarbeiter zu mehr Eigenverantwortung und Selbstorganisation wurde ausführlich im Tiba Magazin Beitrag „Agile Transformation – Wie bringen Sie mehr Agilität in Ihr Unternehmen und was hat das mit Ihren Kunden zu tun?“ eingegangen.

Um eine agile Transformation zu gestalten, gelten die folgenden Gestaltungselemente auf allen drei oben angeführten Ebenen:

  • Vier agile Schichten (Mindset, Prinzipien, Methoden, Organisation): Ein agiles Mindset ist nach unserer Erfahrung der zentrale Kern und Hebel für alle weiteren Einführungsschritte und als Element des gewünschten Kulturwandels.
  • Sieben agile Prinzipien (Freiwilligkeit, Geschützter Rahmen, Echtes Team, Supportive Management, Iterate to Wow, Kundennutzen, Übergreifende Abstimmung)
  • Adaptiver, Nutzer zentrierter Einsatz von agilen Elementen (aus der Schicht Methoden), passend zum Unternehmen/ Projekt:
    • Elemente wie Visualisierung / Backlog, Retrospektiven von Scrum, Kanban, Design Thinking auf Projektebene etc.
    • Elemente wie Meta-Takt, Großgruppenveranstaltung, Portfoliomanagement aus den Skalierungs-Frameworks SAFe, LeSS auf Programm-, Portfolioebene etc.
  • Agiles Vorgehen: Integration von agilem Projekt- und Change Management

Programm „Digitale Transformation“ gestalten

Es ist die Digitalisierung als Treiber, die immer mehr Agilität von Unternehmen fordert, daher wird im Folgenden ein Überblick über die „digitale Transformation“ gegeben. Wobei es im Sinne einer langfristigen Vision eines sich ständig verändernden Unternehmens durchaus Sinn machen kann, die beiden Themen „agil und digital“ in einer Initiative zusammenzufassen.

Programmgestaltung der Digitalen Transformation

Abbildung 2: Überblick über die Programmgestaltung der Digitalen Transformation

Mit der Digitalisierung als Treiber stehen die Unternehmen vor der Herausforderung sich diesem seit Jahren viel diskutierten Themas zu stellen. Viele haben gestartet und sind rein technologisch getrieben an die Umsetzung herangegangen und merken schmerzhaft, dass dies nur ein Erfolgsfaktor ist und nicht ausreicht.

Folgende Punkte sollten beim Start einer digitalen Transformation geklärt werden:

  • Why? Was sind die Gründe für die Transformation? Wie sieht die digitale Vision beziehungsweise das Zielbild aus?
  • How? Wie sieht das Vorgehen aus? Hierzu einige wichtige Punkte im Überblick:
    • Von der funktionalen Standortbestimmung/ Ermittlung des digitalen Reifegrads zur digitalen Vision als erste Schritte der digitalen Transformation
    • Integriertes, agiles Projekt- und Change Management
    • Organisation von Design Thinking Sprints und Business Model Innovation Workshops
    • Erproben durch MVPs (Minimum Viable Products)
  • What? Was sind die Handlungsfelder der Digitalisierung?
    • Interne Wertschöpfung: Smart Processes (zum Start zu empfehlen) & Smart Factory
    • Externer Kundennutzen: Smart Products & Services
    • Geschäftsmodelle: Smart Business Models
    • Kulturwandel & New Work
  • Who? Wie sieht die Organisation aus?
    • Gibt es bereits einen CDO – Chief Digital Officer? Wie ist die IT als Enabler mit eingebunden?
    • Aufsetzen eines Transformationsteams
    • Aufsetzen eines Transformation Office zur Unterstützung und Steuerung des Transformation Backlog und des Change Management
    • Aufsetzen von agilen Teams

In der kommenden Ausgabe des Tiba Magazins wird dieses Thema fortgeführt in der Trendserie Teil 2: Digitale Transformation gestalten – Ganzheitliches, agiles Vorgehen mit Fokus auf die Faktoren Mensch und Kultur neben Prozessen und Technologie.

Autor: Markus F. Wanner,  Management Consultant, Partner, Beauftragter der Geschäftsführung, Tiba Managementberatung GmbH
Email: redaktion(at)tiba.de

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Lesetipps – weitere Fachbeiträge und Praxisbeispiele im Tiba Magazin online:

[1] “Only 30% of change initiatives were successful.” (Kotter 2007)
[2] Kotter, J.P. (2007). Leading change: Why Transformation Efforts Fail. Boston Massachusetts Harvard Business Review
[3] “Success rate remains at or about 30%.” (PMI®, 2014); Project Management Institute. (2014). Pulse of the profession™: Enabling organizational change through strategic initiatives. Newtown Square, PA: Project Management Institute

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Portrait Autor

Markus F. Wanner

Partner, Beauftragter der Geschäftsführung, Berater und Trainer,
Tiba Managementberatung GmbH

Email: redaktion(at)tiba.de

Markus F. Wanner ist seit 22 Jahren für die Tiba Managementberatung tätig und seit über 30 Jahren als Berater, Projektleiter, Trainer, Coach und Change Begleiter/ Moderator aktiv. Aktuell stehen die Themen Transformationsgestaltung mit agiler und digitaler Transformation auf seiner Agenda. Der gelernte Industriekaufmann und Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH) ist PMP® – Project Management Professional (PMI®), zertifizierter Senior Projektmanager (IPMA®), Certified Scrum Product Owner®, Certified SAFe® 4 Agilist und Certified Prosci® Change Practitioner sowie Prosci® Certified Advanced Instructor und Certified Agile Leadership. Als Partner und Beauftragter der Geschäftsführung hat er die Beratungsleistungen der Tiba rund um die Kernkompetenz Projektmanagement mit komplementären Leistungen zu Prozess- und Change Management weiter ausgebaut. Als Beratungsleiter verantwortet er große, komplexe Beratungsprojekte. Aus seiner Erfahrung in der Strategieberatung stammt sein Fokus auf den Kundenbedarf und auf die Implementierung von Ergebnissen.