„Doing Agile“ und „Being Agile“ | Was macht den Unterschied? – Christophe Marnat von ZF im Beitrag

Die Consumer Electronics Show 2019 in Las Vegas: ZF stellt gemeinsam mit der Nvidia Corporation das neue Level 2+ System für teilautomatisiertes Fahren vor. Christophe Marnat, Executive Vice President Electronics and Advanced Driver Assist Systems Division bei ZF, und sein Team sind stolz. Komplexe Ingenieurs- und Entwicklungsleistungen liegen hinter ihnen. Wie die ZF Group „Doing Agile“ und „Being Agile“ im dualen Modus miteinander kombiniert, erläutert Christophe Marnat im Beitrag. Weitere Details verrät er auf den PM-Tagen 2020.

„Bei der Definition des Begriffs „agil“ gibt es immer noch relativ viel Verwirrung“, stellt Division Leader Marnat fest. Je nach Kontext beschreibt der Begriff völlig unterschiedliche Prozesse und Hintergründe. „Meinen wir „agil“ im Sinne einer strukturierten und disziplinierten Projektmanagement-Methode oder sprechen wir eher von einem agilen Unternehmen, das sehr schnell auf Veränderungen reagiert?“ fragt der gebürtige Franzose, der für die erfolgreiche Gestaltung von Geschäftsprozessen beides für wichtig hält. „Doing Agile“ und „Being Agile“ – so unterscheidet die ZF Group die genannten Begriffe. Während Ersteres eine bestimmte Methodik zur Bearbeitung spezifischer Projekte meint, steht „Being Agile“ für eine Unternehmenskultur, die zum Change ermutigt, Innovationen fördert und mit entsprechenden Werten arbeitet. Sie gilt innerhalb der ZF Group für alle Teams – unabhängig davon, ob sie im Projekt agil, nach dem klassischen Wasserfallmodell oder mit beiden Methoden parallel arbeiten.

Klassisches Geschäft trifft auf Inovation

Entscheidend für das Projektmanagement sind die dahinter liegenden Geschäftsprozesse. „Exploitation“ kennzeichnet das traditionelle Automotive-Geschäft von ZF, charakterisiert durch Standardisierung und Effizienz. Zahlreiche Produkte des Automobilzulieferers sind zudem sicherheitskritisch. Die Einhaltung bestimmter Regeln und Prozesse ist bei ihrer Entwicklung zwingend. Raum zum Ausprobieren und für technologische Innovation bietet der Bereich der „Exploration“. Hier haben sich agile Projektmanagement-Methoden als klar vorteilhaft erwiesen.

Der von Christophe Marnat geleitete Bereich der Fahrerassistenzsysteme arbeitet seit etwa einem Jahr intensiv an der Umsetzung der digitalen Transformation. Dazu erhielten zunächst alle Teams ein Training im agilen Projektmanagement. Drei Pilotprojekte wurden schließlich initiiert, um Erfahrungswerte in der Anwendung zu sammeln. Nach jedem Projektschritt reflektieren die Teams den erreichten Nutzen. „Wir befinden uns immer noch in einem Lernprozess“, fasst der Division Leader zusammen. Nicht bei jedem Projekt schneiden agile Managementverfahren automatisch besser ab. So haben seine Mitarbeiter in einigen Fällen entschieden, dass bestimmte Prozesse für die naturgemäß kleineren agilen Teams zu schwierig zu schultern sind – oder dass sich die Wasserfallmethodik besser eignet, wenn frühzeitig weitreichende finanzielle Entscheidungen in einem Projekt zu treffen sind.

Entscheidungen mit ruhiger Hand treffen

Welchen Rat hat Christophe Marnat für Unternehmen, die sich im digitalen Wandel befinden? „Eine Frage sollte sich jede Organisation ehrlich beantworten: Welche Probleme oder Fragestellungen haben wir eigentlich? Können wir diese mit Agilität lösen?“ Für ihn ist es auch entscheidend, ob die eigenen Kunden schon mit einem ähnlichen Mindset arbeiten und bereit sind, einen gemeinsamen Prozess des Lernens zu beschreiten. Dass Agilität nicht gleichbedeutend ist mit Chaos, hält er für wichtig. Es handelt sich vielmehr um eine äußerst präzise, sehr schnelle Technik mit hoher Reaktionsfähigkeit. „In einem traditionell ausgerichteten Unternehmen der Automotive-Industrie ist das vielleicht gar nicht in allen Bereichen gefragt“, sagt er abschließend. „Better be careful. Don’t make the decision too early.“

 

KURZBIOGRAFIE:

Christophe Marnat war 14 Jahre lang in verschiedenen Finanzfunktionen für den Automobilzulieferer Behr tätig, bevor er im Jahr 2010 als Finance Director of the Occupent Safety Systems Business zu TRW Automotive wechselte. Die ZF Friedrichshafen AG übernahm TRW Automotive im Jahr 2015, und Christophe Marnat wurde CFO von ZF-TRW. Er beteiligte sich aktiv an der Integration der beiden Unternehmen. Seit 2018 leitet er innerhalb der ZF Group den Bereich Electronics and Advanced Driver Assist Systems (ADAS).

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