Der digitale Wandel bei OTTO und das Ende klassischer Projekte – Conny Dethloff im Interview

OTTO gehört zu den Vorreitern des digitalen Wandels in Unternehmen. Erste Erfahrungen wurden gemacht, Strategien und Prozesse den neuen Anforderungen angepasst. Eine Auswirkung: Projekte hat das traditionsreiche Handelsunternehmen abgeschafft.

Conny Dethloff, Division Manager BI Agile Product and Data Management bei OTTO, erklärt die Hintergründe im folgenden Interview. Auf den PM-Tagen am 22. und 23. März 2017 hat er noch mehr zum Thema verraten.

OTTO gehört in Deutschland zu den digitalen Vorreitern. Die Digitalisierung eines Unternehmens gilt gemeinhin als Mega-Projekt. Und in dieser Situation wollen Sie Projekte abschaffen. Wirklich?

Conny Dethloff: Digitalisierung und der damit einhergehende Wandel in Unternehmen hat etwas Kontinuierliches ohne definierbares Ende. Dazu passen Projekte im herkömmlichen Sinne nicht wirklich gut in den Denkrahmen, da diese ja per Definition einen Anfang und ein Ende haben. Von diesen Gedanken inspiriert sind wir bei OTTO im Direktionsbereich Business Intelligence (BI) vom Projekt- hin zum Produktmanagement übergegangen.

Und vielleicht noch kurz zur Einordnung dieses Bereiches innerhalb der OTTO Organisation. Wir verstehen uns als interner Dienstleister, quasi ein Unternehmen im Unternehmen, welcher seinen Kunden, das sind unsere Kollegen in den Fachbereichen, Produkte und Services unterstützt, die Entscheidungen in den Geschäftsprozessen besser macht und damit die Lebensfähigkeit von OTTO sichert.

OTTO beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit dem technologischen Wandel. Wie und wann kam die Erkenntnis, dass Projekte überflüssig sein könnten?

Dethloff: Wir haben festgestellt, dass wir unsere Kunden nachhaltiger bedienen können, wenn wir eine langfristige Verantwortungsstruktur für die Services und Produkte aufbauen und keine organisatorische Trennung zwischen der (Weiter-)Entwicklung von Produkten und dem Betrieb dieser einziehen. Unser Kunde macht diese Trennung ja auch nicht. Warum sollten wir sie also machen?

In diesem Zuge haben wir mehrere cross-funktionale Teams gebildet, die letztendlich für das Produktmanagement verantwortlich sind. Durch eine langfristige Bindung dieser Teams und damit der Menschen zu einzelnen Produkten und Services schaffen wir die Basis für eine nachhaltige emotionale Bindung zu den Ergebnissen des eigenen Denkens und Handelns.

Der technologische Wandel Ihres Unternehmens wird begleitet durch einen soziologischen. Was genau steckt dahinter?

Dethloff: Auch hier haben wir auf Basis unserer Beobachtungen und Wahrnehmungen gehandelt. Ein technologischer Fortschritt muss stets mit einem soziologischen verbunden sein und einhergehen. Es ist nicht förderlich, neue Produkte für neue Entscheidungsprozesse zu entwickeln, ohne eben diese Entscheidungsprozesse in bestehende Geschäftsprozesse zu interlocken. Zieht man diesen Fakt nicht in Betracht, sind die neu entwickelten Produkte nicht passfähig und tragen dementsprechend nicht zu besseren Entscheidungen bei, was wiederum dann den Produkten an sich negativ angelastet wird.

Dem Menschen wird bei uns im Zuge der Digitalisierung eine besondere Bedeutung zugesprochen, was auf den ersten Blick logisch erscheint, aber aus vielen Publikationen im Netz, jedenfalls für mich, zu wenig heraussticht. Hier reden wir dann beispielsweise von einem neuen Verständnis und einer neuen Geisteshaltung der Führungskräfte, wie diese sich in die Erstellung der Produkte und Services einbringen.

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