Das Project Management Office (PMO) – Aktuelle Trends und neue Möglichkeiten

Was ist eigentlich ein Project Management Office?

Das PMO erfreut sich weltweit großer Beliebtheit. Obwohl es nichts Neues ist, werden an das PMO viele Erwartungen in Bezug auf Effektivität und Effizienz gestellt, die in der Praxis allerdings oft nicht erfüllt werden. Es ist in der Regel dazu da, die für die Verwaltung der Projekte erforderlichen Standards zu entwickeln, bereitzustellen und umzusetzen. Dazu zählen unter anderem auch Schulungen und Coaching der Projektmitglieder.

Das Project Management Office wird häufig eingesetzt, um einerseits den Reifegrad der betroffenen Organisationseinheiten im Management von Projekten zu verbessern und andererseits aber auch Transparenz über das gesamte Projektportfolio zu erreichen. Aus diesem Grund sammelt das PMO alle relevanten Statusinformationen für den Entscheidungsträger oder das zuständige Gremium, bereitet diese in einem Bericht auf und ist damit an der Schnittstelle zwischen Projekten und Entscheidungsträgern aktiv. Das PMO selbst ist jedoch nicht entscheidungsbefugt, es dient lediglich als Unterstützung.

Ein PMO kann auch wichtige Aufgaben für das Wissensmanagement und die allgemeine Reife im PM übernehmen, indem es die aus den Projekten gewonnenen Erkenntnisse sammelt, auswertet und aufbereitet, die Projektmanager zum Erfahrungsaustausch einlädt und diese sowie externe Erkenntnisse (z.B. Benchmarking) in die kontinuierliche Verbesserung des Projektmanagementsystems einfließen lässt.

Project Management Office versus Program Office

Ein PMO sollte klar von einem Projekt- oder Programmbüro (Project oder Program Office, PO) unterschieden werden, wobei letzteres sich mit einem einzelnen Projekt oder Programm befasst und den Manager bei seinen Aufgaben unterstützt. In größeren Organisationen gibt es oft nicht nur ein PMO, sondern mehrere PMOs, z.B. in verschiedenen Länderorganisationen, Geschäftsbereichen oder sogar getrennt nach Projekttypen. In diesem Fall ist es ratsam, ein sogenanntes Enterprise Project Management Office (EPMO) auf der obersten Ebene des Unternehmens einzurichten, das die Leitungsfunktion für alle anderen PMOs innehat und somit die übergeordnete Steuerung übernimmt.

Es dient zudem als wichtige Ideen- und Informationsquelle für das Management, weil es einen guten Überblick über die Projekte hat, z.B. kann es Fehlentwicklungen oder Klumpenrisiken erkennen und entsprechende Maßnahmen vorschlagen bzw. einleiten lassen. Auch für die strategische Entwicklung des Unternehmens kann das PMO wertvolle Impulse geben.

Aktuelle Trends

Eine von der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) 2014 veröffentlichte Studie zeigt jedoch, dass PMOs oft nicht in den Prozess der Strategieentwicklung oder strategischen Planung eingebunden sind. Dies ist besonders beunruhigend, weil Manager in der heutigen VUCA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität) viel schneller auf Entwicklungen reagieren und strategische Ausrichtungen oder Prioritäten anpassen müssen. Es ist kein Zufall, dass agile Modelle oder Skalierungsrahmen die Rolle des agilen Projektportfoliomanagements hervorheben, das auch eine Agilität des gesamten Unternehmens („Business Agility“) und der Unternehmensstrategie erfordert.

Ein wichtiger Trend für PMOs ist auch die Digitalisierung oder der Einsatz von künstlicher Intelligenz. Die Covid-19-Pandemie hat die Bedeutung leistungsfähiger Kollaborationssoftware hervorgehoben. Dabei geht es nicht nur um die Kommunikation zwischen verteilten Projektteams oder Unternehmen, sondern auch um die Bereitstellung einer breiten Palette von Anwendungen für Information, Kommunikation, Dokumentation, Berichterstattung und Wissensmanagement. Die Verfügbarkeit großer Datenmengen aus Projekten ermöglicht die sofortige Verarbeitung, Auswertung und Verteilung dieser Informationen durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz. Dabei geht es nicht nur um Effizienz, sondern auch um die Schaffung neuer, digitaler Dienste oder Geschäftsmodelle. Für das PMO hat dies zur Folge, dass einfache (manuelle) Tätigkeiten durch digitale Anwendungen ersetzt werden, wodurch Zeit und Kapazität für neue, weitergehende Aufgaben des PMO geschaffen werden.

Die Unternehmen stehen derzeit unter dem Druck, auf eine Vielzahl von Veränderungen in der Gesellschaft, auf den Märkten, auf disruptive Technologien und Geschäftsmodelle zu reagieren. So hat die Automobilindustrie derzeit nicht nur mit einer Absatzschwäche zu kämpfen, die durch die Covid-19-Pandemie verursacht wurde, sondern auch mit den strukturellen Veränderungen, die sich aus den neuen Mobilitätsanforderungen ergeben. Die Anpassungsbemühungen nehmen oft die Form von Veränderungsprojekten oder umfassenden Transformationsprogrammen an. Infolgedessen werden den PMOs neue Aufgaben übertragen. Einerseits müssen sie sich verstärkt mit Projekten befassen, die interne Veränderungsmaßnahmen bündeln – andererseits wird das (E)PMO immer mehr zum Transformationsbüro (TMO), um strategische Initiativen besser unterstützen zu können.

PMOs müssen sich daher ständig an neue Anforderungen anpassen. Sie müssen prüfen, ob sie in der jeweiligen Situation einen echten Mehrwert für die Projektbeteiligten und das Management des Unternehmens erbringen können. Dazu müssen sie klare KPIs und Leistungsmessgrößen formulieren und deutlich machen, welchen Mehrwert das PMO liefert. KPIs können z.B. die Bereiche Leistung oder Effizienz des Projektgeschäfts, die Reife im Projektmanagement, die Innovationsfähigkeit oder den Wissensfortschritt im Verantwortungsbereich betreffen. Die oben erwähnte GPM-Studie liefert klare Hinweise darauf, dass PMOs dann besonders akzeptiert werden, wenn sie einen konkreten Mehrwert auf der Grundlage klarer KPIs nachweisen können.

Autor: Reinhard Wagner, Geschäftsführer der Tiba Managementberatung

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