Change Management im Öffentlichen Dienst

Change Management im öffentlichen Dienst ist nicht nur von entscheidender Bedeutung, sondern aufgrund der spezifischen Merkmale und besonderen Herausforderungen staatlicher Institutionen auch außerordentlich komplex. So muss der öffentliche Dienst nicht nur die hohen Ansprüche der Bürger:innen oder der Politik bewältigen, sondern auch Änderungen innerhalb der Personalbesetzung (z.B. nach Regierungswechseln), die Demografie der Belegschaft und vieles mehr. Darüber hinaus ist der öffentliche Sektor genau wie der private Sektor dazu gezwungen, auf wirtschaftliche Veränderungen, neue Technologien oder Kundenanforderungen zu reagieren. 

Vor allem während eines wirtschaftlichen Abschwungs ist Wandel entscheidend, um den Fortschritt aufrechtzuerhalten. Fortschritt und Veränderung gehen naturgemäß miteinander einher, sei es durch technologischen Wandel, neue Konzepte oder einfach durch eine Neuausrichtung der Bemühungen. Wenn Organisationen nicht mit derselben Geschwindigkeit des Wandels lernen, wachsen und sich entwickeln, dann werden Veränderungen eine sehr reale Bedrohung.

Staatliche Institutionen können diese Herausforderungen durch verschiedene organisatorische Change Management-Maßnahmen angehen, die wir Ihnen im folgenden Blogbeitrag näherbringen möchten.

Besonderheiten und Herausforderungen für Change Management im öffentlichen Dienst

Das Ziel von Organisationen des öffentlichen Sektors ist nicht die Maximierung des Vermögens von Aktionären. Sie sind vielmehr damit beauftragt, einen bestimmten Aspekt des Gemeinwohls zu fördern. Die effektive und effiziente Erfüllung ihrer Aufgaben für die Gesellschaft ist das, wofür die Steuerzahlenden bezahlen und woran sie ihre Erwartungen knüpfen.

Leistungsstarke Regierungsbehörden ähneln im Grunde gut geführten Unternehmen: Beide haben würdige Ziele, gut gestaltete, rationale Prozesse, strenge Rechenschaftspflicht und wirksame Führungskräfte. Aber die tiefgreifenden Unterschiede in ihren Zwecken, ihren Kulturen und den Kontexten, in denen sie tätig sind, bringen ganz andere Hindernisse mit sich. Die größte Herausforderung bei der Herbeiführung erfolgreicher Veränderungen und signifikanter, nachhaltiger Leistungsverbesserungen im öffentlichen Bereich besteht weniger darin, unkomplizierte Lösungen zu finden, sondern vielmehr darin, Hindernisse zu umgehen.

Demografie der Mitarbeitenden: Erhöhte Arbeitsbelastung durch Pensionierungen

Staatliche Institutionen agieren in einem turbulenten Umfeld und sind mit schnellen Veränderungen im Geschäftsumfeld konfrontiert, insbesondere in Bezug auf wirtschaftliche Veränderungen, Verbraucherdienste, Technologien und Produktlebenszyklen. Organisationen im öffentlichen Sektor müssen die ständig wachsenden Bedürfnisse verschiedener Kunden erfüllen und gleichzeitig mit Budgetkürzungen und bevorstehenden Pensionierungen umgehen. Eine fehlende Anpassung an diesen Zustand kann katastrophal sein, vor allem wenn Mitarbeitende schneller in den Ruhestand gehen, als sie ersetzt werden können. Die Folge: Sie lassen das Unternehmen mit einem institutionellen Wissensverlust und kritischen Qualifikationslücken zurück.

Change Management im öffentlichen Dienst

Abb. 1: Beschäftigte im öffentlichen Dienst nach Altersgruppen (Eigene Darstellung nach Statistisches Bundesamt 2022)

Die Daten aus dem Jahr 2022 zeigen, dass in den nächsten zehn Jahren knapp 136.000.000 Beschäftigte voraussichtlich in den Ruhestand gehen werden. Bei dieser Auswertung zählten zu den Beschäftigten Beamt:innen, Richter:innen, Arbeitnehmende sowie Berufs- und Zeitsoldat:innen.

Bis offene Stellen besetzt sind, muss die Arbeit – wenn überhaupt – von bestehenden Mitarbeitenden erledigt werden. Eine erhöhte Arbeitsbelastung ist eine der größten Schwierigkeiten, mit denen Behörden konfrontiert werden. Daraus entstehen weitere Herausforderungen, wie eine verringerte Moral sowie die Fluktuation von Spitzentalenten. Da insbesondere jüngere Arbeitnehmende eher ihren Arbeitsplatz verlassen würden, als in einer Position zu bleiben, in der sie unzufrieden sind, kann sich das Ignorieren von den genannten Herausforderungen negativ auf die Belegschaft auswirken.

Veränderungen können für Mitarbeitende extrem belastend sein. Organisationen im öffentlichen Sektor müssen daher umso mehr Maßnahmen ergreifen, um Mitarbeitende bei der Bewältigung von Veränderungen zu unterstützen, die sich negativ auf ihre Arbeitsleistung und ihr Wohlbefinden auswirken können.

Unabhängig von ihrer Größe oder Mission müssen Organisationen im öffentlichen Sektor Top-Talente rekrutieren, binden und sich auf den Generationswechsel der Belegschaft vorbereiten, welcher zwangsläufig eintritt, wenn Mitarbeitende in den Ruhestand treten. Durch die Identifizierung ihrer größten Veränderungstreiber, können öffentliche Institutionen Maßnahmen ergreifen, um damit einhergehende Herausforderungen zu mindern und Veränderungen erfolgreich umsetzen.

Die besondere Rolle von Führungskräften

Führungskräfte in der Regierung und im öffentlichen Sektor spielen eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung von Veränderungen, denn letztendlich haben direkte Vorgesetzte mehr Einfluss auf die Veränderungsmotivation eines Mitarbeitenden als jede andere Person bei der Arbeit.

Leider sind Führungskräfte als Gruppe am schwierigsten von der Notwendigkeit der Veränderung zu überzeugen und können eine Quelle des Widerstands sein. Somit ist es für das Change Management-Team und die Sponsoren der Führungskräfte von entscheidender Bedeutung, die Unterstützung der Vorgesetzten zu gewinnen und Change Leadership aufzubauen. Individuelle Change Management-Aktivitäten sollten eingesetzt werden, um diese Vorgesetzten durch den Veränderungsprozess zu begleiten.

Es kann schwerwiegende Folgen haben, wenn Führungskräfte keine klare Vision für Veränderungen entwickeln, die Bedeutung des Wandels nicht erklären und die Dringlichkeit der Umsetzung nicht definieren. Eine klar definierte Vision unterstützt die Mitarbeitenden dabei, sowohl den Änderungsbedarf als auch die Umsetzungsschritte zu verstehen.

So gelingt Change Management im öffentlichen Dienst

Die Erfolgsfaktoren des organisatorischen Wandels beziehen sich auf die proaktive Reduzierung von Widerständen, aber auch auf die Führung, effektive Kommunikation , Partizipation am Prozess, Selbstwirksamkeit bei der Bewältigung des Wandels sowie die Unterstützung durch Führungskräfte, Schulungen von Mitarbeitenden, notwendige Ressourcen für die Implementierung des Prozesses und die Verbindung zwischen der Unternehmensvision und dem Veränderungsprozess.

Daher sollten die Faktoren, die zu einer erfolgreichen Annahme und Umsetzung von Change Projekten beitragen, von Führungskräften in öffentlichen Organisationen berücksichtigt werden. Ein strukturierter Ansatz ist zwingend erforderlich, damit Organisationen nicht nur einen systematischen und effektiven Weg zur Veränderung umsetzen, sondern auch Hindernisse abbauen können.

Der Prosci® 3-Phasen-Prozess

Der Prosci® 3-Phasen-Prozess ist eine Schlüsselkomponente der gesamten forschungsbasierten Prosci® Methodik und führt Change Practitioner durch die wertvollen Schritte und Aktivitäten, die für erfolgreiche Veränderungsprojekte durchgeführt werden müssen.

Foto vom Change Management-Prozess nach Prosci

Abb. 2: Change Management-Prozess nach Prosci® (Eigene Darstellung nach Prosci® 2023)

Jede Phase endet mit einem wichtigen Ergebnis, das es Ihnen ermöglicht, die gesamte Arbeit einer bestimmten Phase zu bündeln und an andere zu kommunizieren. Dies erhöht das Verständnis und das Engagement für den Change Management-Prozess und stellt gleichzeitig die Abstimmung zwischen Ihren Stakeholdern sicher. Jedes Ergebnis ist flexibel, anpassbar und skalierbar, um es an Ihr einzigartiges Projekt und Ihre Organisation anzupassen.

Nachfolgend finden Sie eine Übersicht über jede Phase des Prosci® 3-Phasen-Prozesses.

Phase 1 – Herangehensweise vorbereiten

Der allgemeine Zweck dieser Anfangsphase besteht darin, die Veränderung für den Erfolg zu positionieren, indem eine maßgeschneiderte, skalierte Change Management-Strategie entwickelt wird. In dieser Phase ist es entscheidend, Unterstützung vom Hauptsponsor und den wichtigsten Interessengruppen zu erhalten. Ohne frühzeitiges Engagement wird die benötigte Unterstützung möglicherweise nie zustande kommen, was den Erfolg erheblich gefährdet.

Hinweis: Die Ergebnisse aus der ersten Phase bilden Ihre Change Management-Strategie, die die Aktivitäten der zweiten Phase (Veränderungen managen) beeinflusst.

Phase 2 – Veränderungen bewältigen

Während dieser Phase entwickeln Change Practitioner spezifische Pläne, um betroffene Personen und die Organisation durch ihre ADKAR ® -Übergänge zu führen.

Erfahren Sie mehr über das ADKAR®-Modell

Dabei lernen Sie, wie sie die erbrachte Leistung messen, verfolgen und anpassen können. Dies ist die zeitlich längste Phase und für die Organisation und die betroffenen Personen am sichtbarsten. Hier geht es maßgeblich darum, betroffene Einzelpersonen und Gruppen dazu zu motivieren, die Veränderung anzunehmen. Um die gewünschte Akzeptanz und Nutzung zu erreichen, entwickeln Change Practitioner eine Reihe von Plänen, die Einzelpersonen und die Organisation durch ihre ADKAR ® -Übergänge führen.

Die erforderlichen Change Management-Pläne hängen von Ihrer einzigartigen Organisation und Ihrem Projekt ab. Die zweite Phase gipfelt im erforderlichen Master Change Management-Plan.

Phase 3 – Ergebnisse verankern

In der letzten Phase des Prosci® 3-Phasen-Prozesses genießt die Organisation bereits die Vorteile des Projekts und konzentriert sich auf die Aufrechterhaltung der Ergebnisse. Der Zweck dieser Phase besteht darin, die Annahme des Wandels sicherzustellen und der Organisation dabei zu helfen, die angenommenen Veränderungen im Laufe der Zeit aufrecht zu erhalten. Nach der Bewertung der Leistung endet die dritte Phase mit dem Feiern von Erfolgen und der anschließenden Übertragung der Verantwortung für langfristige Nachhaltigkeitsaktivitäten an die entsprechenden Mitglieder des operativen Teams.

Fazit

Eine klar definierte Vision unterstützt die Mitarbeitenden dabei, sowohl den Änderungsbedarf als auch die Umsetzungsschritte zu verstehen. Die wichtigste Aufgabe von Change Management im öffentlichen Dienst ist somit die Definition von Vision und Strategie, die den Prozess leiten. Dies ist notwendig, da die ersten Schritte des Veränderungsprozesses immer schmerzhaft sind. Die Vision sollte das langfristige Interessen von Mitarbeitenden, Kunden, Aktionären und anderen Beteiligten sicherstellen und aufrechterhalten.

Kommunikation ist ein wesentlicher Aspekt des organisatorischen Veränderungsprozesses, da sie den Abbau von Unsicherheiten und Widerständen unterstützt. Das Ziel effektiver Kommunikation besteht darin, Mitarbeitende und andere Interessensgruppen davon zu überzeugen, dass Veränderungen sowohl erforderlich als auch erreichbar sind. Wenn die Mitarbeitenden mit der Managementkommunikation zufrieden sind, stehen sie der organisatorischen Veränderung positiv gegenüber und sehen sie als Chance, anstelle einer Bedrohung.

Das Zusammenspiel von Theorie und Praxis für ein gelungenes Change Management im öffentlichen Dienst

Um ein gelungenes Change Management im öffentlichen Dienst umzusetzen, sind weitere theoretische Methoden und Ansätze wie das 8-Stufen-Modell nach Kotter zur Schaffung einer Vision oder die ADKAR®  Methodik nach Prosci® für eine effektive Einbindung der Mitarbeitenden in Change Prozesse nützlich, um sich einen strategischen Überblick über die Situation zu verschaffen. Jedoch zählen in der Praxis vor allem die Erfahrung in der Umsetzung von Change Projekten und die individuelle Anpassung an diese. In unserem ganzheitlichen Tiba Holistic Change Management-Ansatz® werden die wirksamsten Elemente aus verschiedenen Change Management-Methoden vereint, um sicherzustellen, dass Ihre Veränderungen auch im öffentlichen Dienst nachhaltig erfolgreich sind.

Quellen

  • https://www.prosci.com/
  • Statistisches Bundesamt (2022). Öffentlicher Dienst – Beschäftigte nach Altersgruppen und der Art des Dienst- oder Arbeitsvertragsverhältnisses. https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Oeffentlicher-Dienst/Tabellen/beschaeftigen-alter.html [abgerufen am 12.12.2023]

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