Agiles Projektmanagement: Mit Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zum Projekterfolg

Jede Zeit hat ihre Buzzwords. Im Zeitalter der Digitalisierung fallen immer wieder Adjektive wie „disruptiv“ und „agil“. Keine Frage, die Industrie 4.0 verändert Unternehmen und Wertschöpfungsketten nachhaltig – mit Auswirkungen auch aufs Projektmanagement. Eine Branche, die in diesem Zusammenhang vor ganz besonderen Herausforderungen steht, ist die Finanzbranche. Wir haben mit Chinn-Jia Meng, Projektleiter bei Union Investment, über die Bedeutung agiler Methoden in seinem Umfeld gesprochen – ein Thema, worüber er bereits auf den PM-Tagen 2016 gesprochen hat.

Tiba: Die Finanzbranche unterliegt einem enormen Wandel. Wie verändert sich das Projektmanagement in einem derart disruptiven Umfeld?

Chinn-Jia Meng: Ob sich die gesamte Branche tatsächlich in einem disruptiven Umfeld befindet, muss man meiner Ansicht nach differenziert sehen. Letztendlich handelt es sich um eine Verlagerung der Wertschöpfungstiefe. Blickt man auf die Verlagsbranche, der man vor einem Jahrzehnt auch vorausgesagt hat, dass sich vieles verändern wird, muss man heute sagen, dass sie immer noch das machen, was sie damals gemacht haben; Verlage verlegen noch immer Bücher, Musikproduzenten produzieren auch weiterhin Musik.

Durch den technologischen Fortschritt haben sich jedoch neue Chancen ergeben hinsichtlich der Vertriebswege und des Kundenservices, um nur zwei Beispiele zu nennen. Insofern sehe ich im Wandel eher eine Chance als eine Bedrohung. Allerdings müssen traditionelle Unternehmen diese Chance auch nutzen. Was traditionelle Unternehmen selbst nicht leisten können, müssen sie auslagern oder durch Kooperationen mit anderen Unternehmen auffangen. Was sie selbst beherrschen, sollten sie kontinuierlich verbessern.

Tiba: Sind klassische Methoden flexibel genug, um auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren?

Meng: Schaut man sich die Zertifizierungsprogramme an, sage ich nein. Meist bauen diese auf einer langfristigen Planung mit einem definierten Ziel auf. Im dynamischen Umfeld können sich diese Ziele jedoch ständig verändern. Hier muss man flexibler reagieren und sich jederzeit an neue Situationen anpassen können. Dazu dienen die agilen Methoden.

Tiba: Union Investment verwendet die agile Methode. Darunter wird jedoch fälschlicherweise oft eine schnellere Vorgehensweise verstanden, der Begriff „agil“ also falsch interpretiert. Worum handelt es sich tatsächlich und worauf kommt es an?

Meng: Aus Sicht des Auftraggebers wird die agile Vorgehensweise oft als die schnelle und günstige Variante verstanden. Dies ist nicht unbedingt der Fall. Vergleicht man das mit klassischen Projekten, ist es wie ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen. Agil ist ein völlig anderes Vorgehen. Durch agile Methoden hat das Management ein Tool, aufgrund aktueller Informationen situativer über Projektziele entscheiden zu können. Das passt genau zu dem Umfeld, in dem wir uns als Union Investment befinden.

Tiba: Was war der auslösende Moment für die Einführung der agilen Methode?

Meng: Bei lang laufenden klassischen Projekten unterliegen die kundenspezifischen Anforderungen sehr oft einem stetigen Wandel. Die klassische Vorgehensweise ermöglicht nur bedingt eine projekteigene Flexibilität. Demnach muss ein Projektleiter, nachdem er einen Auftrag angenommen hat, klar definierte Aufgaben abarbeiten und kann eine Änderung nur mittels eines klassischen Change-Verfahrens genehmigen lassen. Unser Unternehmen muss jedoch schnell auf Marktanforderungen reagieren, weshalb intern nach anderen Methoden gesucht wurde. Deshalb haben wir uns schließlich für agile Methoden entschieden.

Tiba: Verbinden Sie klassische und agile Methoden miteinander oder sehen sie darin grundsätzlich zwei verschiedene Herangehensweisen?

Meng: Die agile Methode ist im Grunde ein operatives Vorgehen, das keinen Rahmen für die Unternehmenssteuerung bietet. Dazu dienen weiterhin die klassischen Methoden, die als Framework genutzt werden können. Die unterstützenden Maßnahmen, die zur Durchführung eines Projektes wichtig sind, müssen teilweise weiterhin mit klassischen Methoden durchgeführt werden und sind damit der limitierende Faktor. Agile Maßnahmen sind deshalb als ergänzende Maßnahmen zu den klassischen zu sehen.

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