Shaping the Future – Wie sieht die Projektarbeit von morgen aus? (Adventreihe Teil IV)

Eine zunehmende „Projektifizierung“ und die veränderte Rolle der Menschen in Projekten haben klare Konsequenzen für Unternehmen. Sowohl auf die strategische Ausrichtung wie auch auf organisatorische Strukturen, Prozesse und Kulturen. Wie genau der Wandel zum projektorientierten Unternehmen zu bewältigen ist, beschreibt Reinhard Wagner im letzten Teil seiner Adventreihe.

Konsequenzen und Handlungsbedarf

Die zunehmende Bedeutung der Projektarbeit sollte Erwähnung finden in der Vision, Mission & Strategie des Unternehmens. Dabei ist besonders wichtig, die Rolle von Projekten bei der Strategieumsetzung hervorzuheben. Hierfür spielt natürlich auch das Top-Management eine entscheidende Rolle, muss es doch die für die Projektabwicklung nötigen Entscheidungen treffen – so z.B. welche Projekte wann und mit welcher Priorität umgesetzt werden (vgl. Wagner 2016) –, Ressourcen bereitstellen und alle Projektteams „mit Rat und Tat“ unterstützen. Die übergeordnete, strategische Steuerung des Portfolios von Projekten unter aktiver Beteiligung des Top-Managements ist Voraussetzung für den Erfolg in der Projektarbeit. Die Besetzung von Rollen, wie z.B. die eines „Chief Project Officers (CPO)“ auf Ebene der Geschäftsführung, die Einrichtung eines zentralen „Project Management Offices (PMO)“ oder eines „Projektportfoliomanagements (PPM)“ sind Lösungsansätze für die projektorientierte, zukunftssichere Gestaltung von Organisationen.

Ein Mehr an Projekten hat auch Auswirkungen auf die Strukturen und Prozesse eines Unternehmens. Insbesondere diejenigen Organisationseinheiten, die sich verstärkt der Projektarbeit widmen, werden ihre Strukturen und Prozesse auf die Belange der Projekte hin anpassen müssen. Das heißt, insbesondere die Prozesse auf den Wertstrom „vom Kunden zum Kunden“ hin zu optimieren und mit dem Lebensweg des Projektes ganz eng zu verknüpfen. Damit wirken die bisher eher hierarchisch und funktional strukturierten Organisationseinheiten dysfunktional, Machtspiele in der Matrix sind die Folge und Konfliktpotentiale die logische Konsequenz. Dynamikrobuste Netzwerke innerhalb eines Unternehmens sowie auch über die Unternehmensgrenzen hinaus (z.B. mit Kunden und Lieferanten) sind ein möglicher Lösungsweg (vgl. Pfläging, 2014).

Im Laufe der Zeit kann es passieren, dass sich die Organisation in zwei Bereiche gliedert, einen, der verstärkt Projekte bearbeitet und sich wie oben beschrieben neu ausrichtet, und einen Bereich, der an der traditionellen Struktur festhält. Letzterer wird sich vor allem mit Aufgaben befassen, die Wiederholcharakter haben und sich auf bewährte Routinen verlässt. Die projektorientierte Struktur ist dann eher mit einmaligen Aufgaben von Innovation, Produkt- und Serviceentwicklung sowie deren Einführung im Markt befasst. John P. Kotter nennt eine solche zweigeteilte Organisation „dual operating system“ und fordert eine enge Abstimmung zwischen beiden Teilen (vgl. Kotter, 2014).

Die zunehmende Projektorientierung sowie der Wunsch nach Agilisierung und Humanisierung fordert eine Neuausrichtung organisatorischer Strukturen und Prozesse. Veränderungen erfolgen abgestimmt mit der Strategie, unter Beteiligung der betroffenen Führungskräfte und Mitarbeiter sowie auf Basis der jeweiligen Projektanforderungen. Die sieben Prinzipen für die „Agilisierung“ des Projektmanagements der Tiba sind eine wertvolle Unterstützung und Orientierungshilfe auf dem Weg einer erfolgreichen Transformation (vgl. Koschke 2019).

Der gravierendste Punkt einer Transformation dürfte allerdings der Kulturwandel sein, der mit den Veränderungen einhergeht. Kulturelle Werte und Überzeugungen, Traditionen und Rituale zu verändern, dauert lange und erfordert Überzeugung bei allen Betroffenen. Auch wenn es die an der Effizienz der Arbeitsleistung orientierten Organisationseinheiten weiter geben wird, so nimmt der Anteil der Projektarbeit weiter zu, der weniger auf die Effizienz, sondern vor allem auf die Erfüllung der Kundenbedürfnisse und die Wertschätzung für das Leistungsvermögen der Menschen in Projekten vor dem Hintergrund von „VUCA“ setzt. Neue Forschungsansätze zeigen auf, in welcher Weise menschliche Fähigkeiten und Handlungsweisen besser eingebracht werden können, um bei und mit Ungewissheit Probleme zu lösen und Ziele zu erreichen (vgl. Böhle et al. 2016). Dies hat die Änderung kultureller Werte zur Folge. Ein Beispiel hierfür sind das Zulassen und Wertschätzen von Improvisation und Intuition in Projekten und das erfahrungsgeleitete, subjektivierende Handeln. Dabei sind Fehler „vorprogrammiert“, helfen jedoch bei der Lösungsfindung und sollten deshalb nicht durch eine „Nullfehlerkultur“ eliminiert werden. Schließlich ist eine hohe Toleranz gegenüber einer andersartigen Kultur notwendig, und die Kompetenz zum Umgang damit sollte gefördert werden.

Zusammenfassung und Fazit

Projekte sind nichts Neues, jedoch erfordern die zunehmende Anzahl und Bedeutung von Projekten ein Umdenken auf allen Ebenen eines Unternehmens. Die verzweifelte Suche nach immer besseren Prozessen, Methoden und Tools ist in einer Sackgasse angelangt.

Eine (Neu-)Besinnung auf den Menschen ist nötig, denn nur Menschen (mit Unterstützung moderner Technik) sind fähig, mit zunehmender Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität umzugehen. Dies bringt jedoch eine Reihe von Konsequenzen mit sich, so z.B. eine verbesserte Auswahl bzw. den Einsatz von Personal in Projekten, orientiert an deren Motivation und dem Wunsch nach Selbstwirksamkeit. Insbesondere die „Generation Y“ scheint hier eine wichtigere Rolle zu spielen. Aber auch Veränderungen bezüglich der Strategie, der organisatorischen Struktur, Prozesse und Kulturen sind zu bewältigen. Ein übergreifendes Change Management ist nötig, um erfolgreich zu sein – durch das Top-Management initiiert und unterstützt. Dabei wandelt sich auch die Führung stark. Menschen arbeiten nicht mehr allein als Mittel zum Zweck der Zielerreichung in Projekten, sondern umgekehrt, Projekte dienen in erster Linie dem Menschen, dem Befriedigen von Bedürfnissen auf Kundenseite, aber auch dem Zweck der Selbstwirksamkeit und verstärkten Zusammenarbeit über alle Bereiche und Ebenen auf Unternehmensseite.

Das ist eine positive, humanistisch geprägte Botschaft, die inspiriert und Lust macht, mit Projekten die Zukunft zu gestalten, ganz im Sinne von: „Shaping the Future“.

Informieren Sie sich gerne hier zu den Leistungen der Tiba rund um das Thema Projektmanagement.

Zu den anderen Teilen der Serie:

Die gesamte Serie gibt es hier zum Download.
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Literaturhinweise

Böhle, F.; Heidling, E.; Neumer, J.; Kuhlmey, A.; Winnig, M.; Trobisch, N.; Kraft, D.; Denisow, K. (2016): Umgang mit Ungewissheit in Projekten. Nürnberg: GPM

Koschke, A. (2019): Wie wirkt sich der Trend „Agilität“ auf das Projektmanagement aus? München: Tiba

Kotter, J. P. (2104): Accelerate. Building Strategic Agility for a faster-moving world. Boston: Harvard Business Review Press

Pfläging, N. (2014): Organisation für Komplexität. Wie Arbeit wieder lebendig wird – und Höchstleistung entsteht. München: Redline Verlag

Wagner, R. (Hrsg.) (2016): Erfolgreiches Projektportfoliomanagement – Wie Sie Projektportfolios systematisch gestalten und steuern. Düsseldorf, Symposion Publishing

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