Nachhaltiges Projektmanagement für die Vermeidung von Weltraumschrott | Ein Interview mit Dr. Metz (DLR)

Weltraumschrott muss vermieden werden, wenn man das All nachhaltig nutzen will. Das gilt für jede Raumfahrtnation. In einer idealen Welt ziehen dabei alle Verantwortlichen an einem Strang und arbeiten global zusammen. „Alle Verantwortlichen“ bedeutet in diesem Fall aber eine große Zahl kleiner Vorhaben und Projekte – für das Projektmanagement eine Riesen-Herausforderung.

Passend zum Thema wird » Dr. Manuel Metz, Leiter der Gruppe Space Debris Forschung in der Abteilung Weltraumlage des DLR Raumfahrtmanagement, einen Vortrag auf den » PM-Tagen 2018 halten – mit der Fragestellung „How do we build a sustain.able space by global project management?“

Vorab beantwortete uns Dr. Metz einige Fragen, um einen gemeinsamen Wissensstand zu schaffen.

Was ist Weltraumschrott und was kann – oder muss – dagegen unternommen werden?

Dr. Manuel Metz: Weltraumschrott sind alle von Menschen gebauten Objekte in der Erdumlaufbahn, die keine Funktion mehr erfüllen, zum Beispiel Satelliten, die ausgedient haben und abgeworfene Raketenoberstufen.

Bereits bei der Konzeption einer Satellitenmission sollte die Entsorgung der nicht mehr benötigten Teile eingeplant werden. Damit diese Maßnahmen von allen Beteiligten akzeptiert werden, gilt es, sich auf internationaler Ebene gründlich abzustimmen.

Gibt es eine zentrale Koordinations-Stelle für all die Projekte und deren Ergebnisse, die am Thema „nachhaltige Nutzung des Weltraums“ arbeiten?

Metz: Eine zentrale Koordinations-Stelle gibt es nicht. Stattdessen existieren verschiedene internationale Gremien, die sich mit dem Thema befassen. Zu ihnen gehören zum Beispiel der UN Unterausschuss für die friedliche Nutzung des Weltraums (UN COPUOS), ein Koordinierungsgremium zwischen Raumfahrtagenturen (IADC) und Institutionen, die für die die Normung auf ISO Ebene zuständig sind.

Arbeiten alle Projekte mit den gleichen Methoden, Tools und Projektmanagement-Verfahren?

Metz: Nein. Viele grundlegende Arbeiten, gerade im Bereich der Forschung und Entwicklung, finden auf unterschiedlichen Ebenen statt. So gibt es nationale Vorhaben und Aktivitäten bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA oder Kooperationen mit internationalen Partnern wie der NASA. Dem Management all dieser Projekte wird durch diese unterschiedlichen Organisationsweisen und Arbeitsformen eine hohe Flexibilität und Workflows mit verschiedenen Ansätzen abverlangt.

Immerhin gibt es zumindest für den letzten Schritt bei der finalen Implementierung der Maßnahmen einen einheitlichen etablierten Arbeitsprozess. Jedenfalls dann, wenn ein Raumfahrtprojekt vom DLR Raumfahrmanagement beauftragt wurde.

Gibt es Feedback-Instanzen, die sicherstellen, dass die Ergebnisse der einzelnen Projekte bei ihrer Zusammenführung richtig interpretiert wurden? Hier gibt es doch, bedingt durch die vielen verschiedenen Verfahren, sicher großen Raum für Missverständnisse und Fehlinterpretationen.

Metz: So wie die verschiedenen Projekte sehr unterschiedlich angegangen und umgesetzt werden, gibt es auch keine einzelne, zentrale Feedback-Instanz. Dies ist eher ein dynamischer Prozess zwischen Forschung, Agenturen und Industrie.

Am nächsten kommt einer solchen Rolle noch das IADC, das Inter-Agency Space Debris Coordination Committee. In diesem Gremium beraten derzeit 13 internationale Raumfahrtagenturen über die Weiterentwicklung von Space Debris-Vermeidungsmaßnahmen und bringen dabei auch die jeweiligen Rückmeldungen „ihrer“ Industrie mit in die Diskussionen ein. Die im IADC beschlossenen Maßnahmen spielen eine zentrale und wichtige Rolle, weil sie die Basis sowohl für UN-Richtlinien, als auch für ISO-Standards bilden.

Kann Ihrer Meinung nach ein effizientes und nachhaltiges Projektmanagement der global verteilten dezentralen Projekte und Maßnahmen zum grundsätzlichen Erfolg von nachhaltiger Nutzung des Weltraums an sich beitragen?

Metz: Eine möglichst gute weltweite Koordination von Projekten zum Thema Weltraumschrott(-Vermeidung) ist wesentlich, um global ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen. Das ist ähnlich wie beim Thema „globaler Klimawandel“.

Es ist dann aber auch Sache der Politik, sich zu einer Umsetzung zu bekennen und sie durchzusetzen. Hier werden auch in absehbarer Zukunft weiter große Anstrengungen nötig sein, bis nachhaltige Maßnahmen wirklich international und verpflichtend umgesetzt werden.

 

Über den Vortragenden:

Dr. Manuel Metz leitet die Gruppe Space Debris Forschung in der Abteilung Weltraumlage des DLR Raumfahrtmanagement. Er ist Deutscher Delegationsleiter beim Inter-Agency Space Debris Coordination Committee (IADC), dem ESA Programmrat für Weltraumlage und berät die deutsche Delegation beim UN Ausschuss für friedliche Nutzung des Weltraums. Darüber hinaus koordiniert er ein Konsortium von fünf Nationen zum Aufbau eines europäischen SST-Systems und hat zahlreiche Studien im Bereich der Space Debris Forschung geleitet. Dr. Metz hat Physik an der Universität Bonn studiert seine Promotion in der Astronomie abgeschlossen.

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