Dr. Auma Obama: Starke Stimmen im Projekt

Hilfsprojekte sind besonders, weil noch mehr als sonst die Kosten zählen. Auch in anderen Bereichen gibt es Unterschiede. Über diese Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten, von denen sich klassische Projektmanager etwas abschauen können, sprach Dr. Auma Obama auf den PM-Tagen 2017. Dort hielt die Schwester des ehemaligen US-Präsidenten einen Vortrag über die Projekte ihrer Organisation Sauti Kuu, die Kinder in Kenia und Deutschland unterstützt. Im folgenden Interview stellt sie die Hilfsorganisation vor.

Sie sind in Kenia aufgewachsen und zum Studium nach Deutschland gekommen. Wann haben Sie beschlossen Ihre Hilfsorganisation Sauti Kuu zu gründen?

Dr. Auma Obama: Ich wollte schon immer mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Dies war dann auch der Beweggrund, warum ich zurück nach Kenia gegangen bin. Anfangs war ich bei einer Hilfsorganisation angestellt und hatte gar nicht die Absicht, eine eigene Organisation zu gründen. Ich habe aber 2009 dann entschieden, in Eigeninitiative neben meiner eigentlichen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Es ging für mich damals darum, Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten: Die Abhängigkeit der Zielgruppe von der Hilfe, die von außen kommt, zu lösen und die Kinder und Jugendlichen hin zu Eigenverantwortung und Eigeninitiative zu bewegen.

Welche konkreten Hilfsprojekte werden organisiert?

Obama: Um es auf den Punkt zu bringen, wollen wir Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Familien – insbesondere in ländlichen Gebieten und in den städtischen Slums in Kenia – dabei helfen, die Stärke der eigenen Stimme zu erkennen. Daher auch der Name Sauti Kuu. Das ist ein Begriff aus dem Kisuaheli und bedeutet „Starke Stimmen“. Die Kraft der eigenen Stimme zu erkennen, heißt auch, das eigene Potenzial zu erkennen und mit den Möglichkeiten, die vor Ort gegeben sind, etwas aus seinem Leben zu machen. Unser Ziel ist, dass die Kinder und Jugendlichen psychische, soziale und finanzielle Eigenständigkeit erlangen. Hierzu bieten wir Hilfe zur Selbsthilfe – etwa mittels Workshops zur Persönlichkeitsentwicklung und zum Charakteraufbau.

Im Fokus unserer Stiftung steht derzeit der Aufbau unseres neuen Sport- und Ressourcenzentrum in Alego in Kenia. Hier stellen wir den Jugendlichen – voraussichtlich ab April kommenden Jahres – physischen und mentalen Raum zur Verfügung, hier sollen sie sich ausprobieren, ihr Talent erkennen, ihre Kompetenzen in Sport, in der Ausbildung wie in der Erwerbsbefähigung ausüben. Ziel ist, dass sie als junge Erwachsene sozial ausgeglichen und finanziell unabhängig werden.

Neben den Projekten in Kenia, bieten Sie auch in Deutschland Hilfe. Worum geht es hier?

Obama: Bei den Projekten in Deutschland geht es darum, dass wir Kindern und Jugendlichen zu einer starken Stimme verhelfen wollen. Unter dem Motto „You Are Your Future – Lebenslust statt Lebensfrust“ hat Sauti Kuu eine Workshop-Reihe für Jugendliche mit sozial schwachem Hintergrund gestartet. Es handelt sich zum Teil um traumatisierte Jugendliche, die wir mit viel Achtsamkeit da abholen, wo sie in ihrer Entwicklung stehen – und von wo aus sie sich weiterentwickeln können. Wir wollen ihnen Mut machen, ihnen Perspektiven eröffnen, ihr Selbstwertgefühl aufbauen. Im Mittelpunkt der Aktivitäten im Workshop stehen auch hier wieder die Bereiche Persönlichkeitsentwicklung, Bildung, Sport und ökonomische Selbstständigkeit.

Zusätzlich zeichnet die Sauti Kuu Foundation Kinder und Jugendliche in Deutschland, die ihre Stimme bereits gefunden haben, mit dem Act Now Jugend Award aus. Das ist ein Preis für ehrenamtliches Engagement in sozialen, humanitären und ökologischen Projekten, der 2015 erstmals vergeben wurde und von vielen Prominenten wie Udo Lindenberg, dem Mitglied des Deutschen Bundestages Wolfgang Bosbach, Nena oder Ralf Möller unterstützt wurde. 2017 wird der Act Now Jugend Award wieder vergeben, und wir sind schon ganz gespannt auf viele tolle Nominierungen hierfür.

Was ist die besondere Herausforderung (sozialer) Projekte in einem Entwicklungsland wie Kenia?

Obama: Als erstes würde ich Kenia nicht als Entwicklungsland bezeichnen. Genau darin liegen schon das Problem und die Herausforderung. Durch diese Bezeichnung wird das ganze Land als benachteiligt gesehen – und dies nicht nur von außen, sondern auch von den Einheimischen. Die Leute werden als Opfer gesehen, und sie sehen sich selbst auch als Opfer, die abhängig von fremder Hilfe sind. Diese Denkweise bei den Menschen zu ändern, war eine große Herausforderung.

Inwieweit unterstützt Ihr Bruder Barack Obama Ihr Hilfsprojekt?

Obama: Dadurch dass ich mit ihm verwandt bin, werden mir Türen aufgemacht. Allerdings muss ich mich, sobald ich durch die Tür gegangen bin, beweisen und jegliche Form der Unterstützung, die daraus entsteht, verdienen.

Von Ihrem Bruder Barack weiß man ja, wie Technik-affin er ist. Er zieht daraus einem Interview zufolge sogar explizit seine positive Weltsicht. Wie wichtig ist Technik für Sie?

Obama: Sie ist für mich Rückgrat meiner Arbeit. In diesem Sinne bedeutet Technik für mich Kompetenz, Expertise und Professionalität. Meine Leidenschaft aber ist die menschliche, humanitäre Komponente.


Hier können Sie für Sauti Kuu spenden.

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